Gerbrand Bakker bricht oberflächliche Ruhe beunruhigend auf. Illustration: Suhrkamp.


Simon ist der Sohn des Friseurs. Er hat sich sein Leben in Amsterdam ruhig eingerichtet: »Schneiden und rasieren, essen und trinken, schwimmen.« Er nimmt nur wenige Kunden, spricht auch kaum mit ihnen. Seine Wohnung liegt gleich über dem Salon, sodass er zwischendurch immer Zeit für einen Espresso hat. Einmal im Monat kommt sein Großvater aus dem Altersheim. Und hin und wieder lässt sich auch ein Schriftsteller, in dem man sehr bald Bakker erkennen kann, die Haare schneiden. Der Autor also als wichtige Nebenfigur in der Geschichte, die so auch ironisch gebrochen wird. Das ist nicht der einzige Bruch, es gibt nämlich noch einen »Sohn des Friseurs«: Simons tot geglaubten Vater Cornelis. Der ist nicht – wie es den Anschein hat – bei dem großen Flugzeugunglück auf Teneriffa im März 1977 ums Leben gekommen, sondern hat sich dort auf der Kanareninsel ein neues Leben als Friseur aufgebaut. Cornelis ist aus seiner Ehe ausgebrochen, weil er damals in den1970ern seine Homosexualität verbergen hat müssen, wohingegen sein Sohn Simon diese offen ausleben kann. Wenn Simon sein Verlangen nicht beherrscht, wird Scham einzig zu seinem Problem. Bakker benützt den Wechsel der Jahreszeiten als beruhigendes Element, sowohl in Amsterdam als auch auf Teneriffa, lässt auch einiges aus seinem Schriftstellerleben einfließen. Er hat dazu eine frappierende Fähigkeit, Störungen – sowohl solche, die erwartet werden konnten, als auch plötzlich hereinbrechende – glaubhaft zu überwinden, wegzustecken, ihnen zum guten Schluss alles Dramatische zu nehmen.

Gerbrand Bakker
Der Sohn des Friseurs
Ü: Andreas Ecke
Suhrkamp, 285 S.