Scott Alexander Howards zeitlos spannendes Debüt über die großen Fragen: »Das andere Tal«. Foto: Veronica Bonderud


Was, wenn man noch einmal die Chance bekäme, in die Vergangenheit zu reisen? Dinge ungeschehen zu machen, Kriege oder Unglück abzuwenden? Welche Richtung würde man seinem Leben dann geben? Und was passiert, wenn man die Geschichte umschreibt? Der Kanadier Scott Alexander Howard greift in seinem packenden Erstling ein Gedankenspiel auf, das die Literatur und die Menschheit seit jeher fasziniert. Die sechzehnjährige Odile lebt in einem Tal, das es gleich mehrmals gibt: Geht man nach Westen, reist man zwanzig Jahre in die Vergangenheit. Geht man nach Osten, zwanzig in die Zukunft. Doch das ist verboten: Verändert man den Lauf der Dinge, setzt man nicht nur seine eigene Existenz aufs Spiel. Nur wenn die Trauer über den Tod eines geliebten Menschen unerträglich wird, darf man (unter Aufsicht und maskiert) zurück in ein früheres Leben reisen, in dem es diesem noch gut ging, und von Ferne einen Blick auf ihn werfen. Wem es erlaubt wird, darüber entscheidet das Conseil. Das Auswahlverfahren für einen Job ebendort obliegt strengster Geheimhaltung. Odile wird nominiert und vor die schwerste Prüfung ihres Lebens gestellt. Sie hat kurz davor Besucher aus der Zukunft in ihrem Tal erkannt: die Eltern ihres einzigen Freundes Edme. Doch sie soll ihre Entdeckung für sich behalten. (Un-)Gehorsam, Zivilcourage und die Gewissensfrage: Wie wird sich Odile entscheiden? In diesem, im nächsten oder im übernächsten Leben?

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Dem Sog dieses ungeheuer starken und berührenden Debüts kann man sich kaum erwehren: Von Scott Alexander Howard wird man auch in zwanzig Jahren noch hören.

Scott Alexander Howard
Das andere Tal
Ü: Anke Caroline Burger
Diogenes, 464 S.