Die besten Krimis für den Sommer 2023:

Kotaro Isaka
Suzukis Rache

Ü: Sabine Mangold
Hoffmann und Campe, 304 S.

Platz 2

Zwei Welten mit einem einzigen Berührungspunkt: Auftrag zum Mord. Foto: Osamu Hoshikawa.


Herr Suzuki hat den Dienst als Mathematikprofessor quittiert. Seine Frau war von einem Raser brutal überfahren worden, in seinem bisher unauffälligen, aber glücklichen Leben hat nun außer dem Gedanken an Rache nichts anderes mehr Platz. Für den tödlichen Unfall ist der Sohn des Unterweltbosses Terahara verantwortlich. Suzuki will und wird ihn umbringen, das ist klar. Und auch, dass er zuerst das Morden erlernen und zu Terahara vordringen muss. Als Mitarbeiter der äußerst dubiosen, verbrecherischen Agentur namens Furoirain (»Fräulein« in japanischer Aussprache!) sollte beides möglich sein. Aber Furorain verlangt als Aufnahmeprüfung einen Probemord, falls der nicht ausgeführt wird, soll ein als Geiseln entführtes Pärchen dran glauben. Suzuki gelingt es vorerst, sich zu drücken. Als allerdings das Zielobjekt seiner Rache selbst vor ein Auto gestoßen wird, muss Herr Suzuki umdisponieren und verliert den Faden. Mit seiner Unbedarftheit mischt er die Auftragskillerszene gewaltig auf, wird ohne es zu wissen zum Spielball verschiedener Interessen und schwebt nur allzu bald in Lebensgefahr …

Kotaro Isaka, geboren 1971, kommt literarisch von Mystery Fiction und Manga her. Sein rasanter »Bullet Train« wurde mit Brad Pitt verfilmt, ein weiterer Roman ist als Netflix-Produktion mit Anne Hathaway und Salma Hayek in Vorbereitung. In »Suzukis Rache« entwirft Isaka eine wild-skurrile Parallelwelt des Verbrechens, in der eigene Regeln gelten und Menschen gleichmütig auftragskonform umgebracht werden. Alle im Milieu sind Spezialisten, Meister ihres Faches, alle haben eine unverwechselbare Handschrift: »Zikade« tötet skrupellos mit dem Messer und betont dabei, die Menschen sollten sich vor Augen halten, dass sie sich durch Töten und Verspeisen anderer Lebewesen selbst am Leben erhalten. Der »Pusher« stößt seine Auftragsobjekte blitzschnell vor heranbrausende Autos und taucht dann, als Erscheinung total unauffällig, in der Menge unter. Der beeindruckendste Akteur ist zweifelsohne der »Wal«, auch »Selbstmordflüsterer« genannt. Von massiger Gestalt, treibt er seine Opfer durch bloße Blicke in den Selbstmord und zwingt ihnen dabei mit leisem Zureden auch noch einen Abschiedsbrief ab. Die derart Verschiedenen tragen ihm nichts nach. Sie suchen ihn zwar heim, helfen ihm gleichzeitig bei seinen Überlegungen. Die Gespenstererscheinungen kündigen sich mit Schwindelgefühl an, für die Dauer des Anfalls verschwinden die realen Menschen rund um ihn. Das wird den Wal irgendwann verletzlich machen. (Auch Suzukis überfahrene Gattin taucht übrigens zeitweise als Geist auf, lobt oder – und das viel mehr – tadelt seine Aktionen.) Bisher konnten der Pusher, die Zikade und der Wal problemlos arbeiten, ohne einander in die Quere zu kommen. Durch Herrn Suzuki werden zum ersten Mal die Regeln der Parallelwelt, in die er hineingestolpert ist, gebrochen, und schließlich werden sich die Zikade und der Wal in einer Art Showdown gegenüberstehen. Bis es so weit ist, hat Isaka seine Leser/innen bereits völlig im Griff, man folgt gebannt den Volten, die er für Suzuki auf seinem Rachefeldzug einbaut – für jede neue hat er eine hieb- und stichfeste Erklärung! Falls doch nicht, kommt die sogenannte »Truppe« ins Spiel, Schauspieler, die nicht an Verbrechen beteiligt sind, aber als Staffage in perfekter Tarnung auftreten – die »Truman Show« lässt grüßen! Und wenn dann auf der allerletzten Seite ein endloser Schnellzug vorbei saust, ist man – richtig! – wieder beim »Bullet Train« …


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