Christian Buckard erzählt eine recht flotte Biografie über Egon Erwin Kisch. Foto: Egon Kisch an Bord der Strathaird Melbourne’s Station Pier, 1934 (gemeinfrei).
Die ganze Welt: Nichts weniger hatte der 1885 in Prag geborene Egon Erwin Kisch im Sinn. Als »rasender Reporter« verdiente er, sehr vitaler Schnell- und Vielschreiber, eine riesenhafte Lebensdarstellung, die den vielen Facetten zwischen peniblem Rechercheur, hemmungslosem Raconteur, Faktenerfinder, Kommunist gerecht würde.
Nun ist Kischs 75. Todestag am 31. März ein äußerer Anlass für eine neue Biografie. Kurioserweise gab es über ihn, von Karl Kraus als »Kehrrichtsammler der Tatsachenwelt« diffamiert, bis dato keine befriedigende Lebensdarstellung. Wirklich ausgreifend ist Buckards Buch auch nicht. Pittoresk, hie und da arg romanbiografisch, recht flott und apologetisch, im Finale fulminant erzählt er die Lebensstationen nach: Prag, Berlin, Krieg, die Weltreisen, Exil in Mexiko (wo der Opportunist Kisch Freunde politisch diffamierte), 1946 die Rückkehr nach Prag.
Das schauspielerisch Verspielte, auch Jokose hielt sich Kisch bis zum Schluss vors Gesicht, und vor die Schreibmaschine. Im März 1948 schrieb er an ferne Freunde, er fühle sich so alt, wie er sei, 73: »Aber macht Euch keine Sorgen, wenn Ihr hier sein werdet, gehen wir zusammen bummeln, dass alles kracht.«
Interessant wäre auch eine Diskussion seines Nachlebens gewesen, der Editionen im DDR-Verlag Aufbau wie der Mentalitäts- (Stichworte: Machismo, Eitelkeit), und Renaissancewellen, die seine Reporter-Prosa seit den 1960er Jahren regelmäßig erlebt hat, vom frühen Wallraff bis zu Claas Relotius’ Fiktionen à la Kisch.
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Christian Buckard
Egon Erwin Kisch. Die Weltgeschichte des rasenden Reporters
Berlin, 448 S.