Manchmal müssen Objekte nicht nützlich sein, manchmal sind sie einfach da, um uns an einen schönen Moment zu erinnern. Foto: Stefan Brending / Lizenz: Creative Commons CC-BY-SA-3.0
Wenn ich im Urlaub bin, muss ich zwangsläufig in einen dieser kitschigen Touristenläden hineinschauen und mir eine Postkarte oder einen Magneten aussuchen. Meine Familie oder Freunde verdrehen dabei immer die Augen. Dabei kaufe ich mir diese Souvenirs nicht, weil ich sie besonders schön finde. Ich kaufe sie, weil sie mich an den entsprechenden Urlaub erinnern und eine Art Zeitkapsel des Moments sind, in dem ich sie kaufe. Deshalb finde ich das französische Wort »souvenir«, also »Erinnerung«, auch wesentlich schöner als das deutsche Wort »Mitbringsel«. Die deutsche Regisseurin und Autorin Doris Dörrie handhabt es ähnlich wie ich: In ihrem neuen Erzählband mit dem Namen »Die Reisgöttin und andere Mitbringsel« berichtet sie von den verschiedenen Gegenständen, die sie von ihren Reisen über die Jahre mit nach Hause gebracht hat. Ihre Sammlung ist wesentlich ausgefallener als meine: etwa eine japanische Feuerwehrmütze aus dem Jahr 1923, die das Kanto-Erdbeben überlebt hat und die auch noch hundert Jahre später nach Rauch riecht, wenn man sie aufsetzt. Oder aber eine goldene Vliesdecke, die Dörries Großmutter gehörte und von der sie als Kind überzeugt war, sie sei das Fell des mythischen griechischen Widders aus den »Sagen des klassischen Altertums« von Gustav Schwab. Die kurzen Texte, die zunächst als einzelne Kolumnen in der ZEIT zwischen 2017 und 2020 erschienen, sind hier in einem Band zusammengefasst und durch drei weitere Anekdoten ergänzt worden. Man erfährt schöne Geschichten aus Ländern wie Mexiko, Japan und dem Iran. Viel mehr noch bekommt man aber persönliche Einblicke in die Drehorte aus Dörries Filmen, ihre persönlichen Vorlieben (sie liebt japanisches Essen) und lernt, dass man sie am besten fern von Flohmärkten halten sollte – auch, wenn man dort unbeschreiblich viel über eine Kultur und ihre Menschen erfahren kann. Ein Buch, das sich hervorragend zum Verschenken eignet und den Lesenden sowohl ein Lächeln aufs Gesicht als auch neue Reiseideen in den Kopf zaubern kann.
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Doris Dörrie
Die Reisgöttin und andere Mitbringsel
Diogenes Tapir, 112 S.