In Victor Lodatos neuem Roman stellt sich die 82 Jahre alte Honey der Vergangenheit. Foto: C.H.Beck


Der US-amerikanische Schriftsteller Victor Lodato, Jahrgang 1968, erzählt in seinem 2009 erschienen und vielgelobten Debütroman »Mathilda Savitch« von einer Jugendlichen, die über ihre getötete Schwester recherchiert. In Lodatos neuem Roman »Honey« steht wieder eine Frau im Mittelpunkt, diesmal eine betagte 82-Jährige, die nach 50 Jahren wieder in ihrer Heimatstadt New Jersey lebt. Bevor sie stirbt, möchte sie einige Leichen im Keller ausgraben … und das nicht nur bildlich gesprochen. Denn sie stammt aus einer italienischen Mafiafamilie, als Kind hat sie einen Mord beobachtet, die Leiche wurde im Gemüsegarten begraben. Ein paar Jahre später, als Jugendliche, geht sie mit Richie aus, der sie vergewaltigt. Ihr Vater erfährt davon – und ermordet ihn. Das sind einige der traumatischen Erinnerungen, weswegen sie damals mit ihrer Familie brach. Nun, in der Gegenwart, sucht Honey den Kontakt zu ihren verbliebenen Verwandten, spätestens als ihr Großneffe Michael plötzlich vor ihrer Türe steht und Geld möchte. Zunächst glaubt sie, er brauche es für seinen Drogenkonsum. Doch bei einem Essen erfährt sie von Michaels Vater, dass Michael transgender ist und von der Familie verbannt wurde. Daraufhin sucht sie Michael erneut.

Autor Lodato hat mit Honey eine hinreißende betagte Grande Dame erschaffen. Eine Frau im Spagat zwischen familiärer, archaischer Prägung und weltoffener Emanzipation. Bei dem das Verhältnis zwischen Bluts- und Wahlverwandtschaft neu justiert wird. Kurz: Ein bezaubernder, oft humorvoller Roman.

Victor Lodato
Honey
Ü: Claudia Wenner
C.H.Beck, 464 S.