Glückshormone

In zehn Wochen zu einem übersichtlichen Kleiderschrank: Wie man seine Kaufsucht in den Griff bekommt. (Foto: Christianverlag/Dominique Ellen van de Pol, Titelbild: Christian Werner)

Reduktion lautet das Gebot der Stunde beim Modekonsum. Die deutsche Journalistin Dominique Ellen van de Pol, die sich auf Nachhaltigkeit spezialisiert hat, kennt aber auch die Euphorie, die beim Shoppen freigesetzt wird. Sie weiß, dass man sein Suchtverhalten nicht so einfach stoppen kann. Ihr Buch „Achtsam Anziehen“ (Christian Verlag, 160 S.) ist eine Anleitung zur Selbsttherapie. Ein zehnwöchiger Guide, um die richtige Shopping-Diät zu entdecken, herauszufinden, welche grünen Strategien zu einem passen. Die Autorin stellt die richtigen Fragen, um sich gegen Impulskäufe zu wappnen. Zugleich wird der Rahmen breiter gefasst, es gibt „Hacks“ für mehr Selbstakzeptanz, um sich wohler in seiner Haut zu fühlen, und damit auch leichter Klamotten zu finden, die perfekt zu einem passen. Wie man den Kleiderschrank aussortiert, hat ja die japanische Reduktionsexpertin Marie Kondo schon ausgiebig erklärt, van de Pol geht einen Schritt weiter, indem sie Verkaufstipps gibt, und Plattformen nennt, auf denen man Sachen, die man nicht mehr braucht, weitergeben kann. Auch das beschert Glückshormone.


Mein Mieder

Trachtenmachen wie früher: eine praktische Anleitung, wie man sein persönliches Dirndl schneidert.

Ein Dirndl kauft man nicht einfach im Geschäft. Es wird maßgeschneidert und sollte die Trägerin ein Leben lang begleiten. Deshalb war stets auch Extra-Stoff eingenäht. Falls man – was nicht unwahrscheinlich ist – mit den Jahren zunimmt, kann man sein Dirndl ohne viel Aufwand einfach erweitern. Trachten haben in den letzten Jahren ein Revival erfahren, sie sind sexy geworden auch für Städterinnen. Dass Traditionen wie diese von ihrem muffigen Image befreit wurden, daran trägt auch das „Servus“-Magazin einen wesentlichen Anteil. Da ist es naheliegend, dass nun ein Buch erschienen ist, das erklärt, wie man sein eigenes Dirndl schneidert (beiliegend zwei Schnittböden). Man erfährt in „Mein selbst genähtes Dirndl“ (Servus, 144 S.) interessante Details, etwa die Unterschiede zwischen dem Waschdirndl, dem festlichen Dirndl und dem Brautdirndl, und wo man welche Tracht trägt. Der Großteil des Buchs von Dorothea und Birgitt Wilhelm aber ist praktisch angelegt, einige Erfahrung im Schneidern sollte man schon mitbringen.


Slow Fashion

Wie kann es sein, dass ein T-Shirt 4,99 Euro kostet? Ein Buch untersucht, wie umweltschädlich Mode ist – und was wir dagegen tun können. (Foto: Lena Scherer)

Immer mehr kaufen für immer weniger Geld: Dieses Konzept lässt sich mit der aktuellen Diskussion um die Klimakatastrophe zunehmend schwieriger vertreten. Mode ist einer der größten Umweltsünder dieses Planeten. Das Buch „Fashion Changers“ (Knesebeck, 256 S.) eines Autorinnen-Teams listet verheerende Zahlen auf: 2016 wurden erstmals mehr als 100 Millionen Tonnen Textilfasern hergestellt; acht Prozent des weltweiten CO2-Verbrauchs sind auf die Bekleidungs- und Schuhindustrie zurückzuführen. Was also tun? Wie können wir, wie im Untertitel angedeutet wird, mit „fairer Mode die Welt verändern“? Es wird erklärt, was vegane Mode ist, wie Recycling aussehen könnte und welche Materialien tatsächlich ökologisch sind. Zudem werden Apps empfohlen, mit denen man schnell testen kann, ob etwa Sonnencremen Mikroplastik enthalten. Das Buch macht sensibel für Marketing-Tricks, die nicht stimmen, für Greenwashing von Firmen. Zudem werden innovative Modelabels vorgestellt – es gibt sogar Zero-Waste-Fashion. Nach dieser Lektüre ist es definitiv vorbei mit Ausreden, warum man viel und billig einkauft. Und das ist auch gut so.


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Botox oder nicht?

Katja Eichinger nimmt sich selbst als Untersuchungsgegenstand, um aktuelle Mode-Trends und -sünden zu beschreiben.

Die deutsche Journalistin Katja Eichinger, 48, geht die Sache persönlich an: Wie wurde ich durch Mode geprägt? Sie erzählt, wie sie mit MTV aufgewachsen ist, der Geruch von Teen Spirit lag in der Luft – dazu trug man Turnschuhe. Sogar Joschka Fischer ließ sich 1985 in Nikes als grüner Minister vereidigen. Kaum zu glauben, aber damals war das ein Skandal. Eichinger gibt in ihrem Buch „Mode und andere Neurosen“ (Blumenbar, 208 S., erscheint am 7. April) einen kurzen Abriss über den aktuellen Streetwear-Trend, von Vetements bis zum Hype-Star und Ready-Made-Virtuosen Virgil Abloh. Sie erklärt die angesagten It-Bags, die zum weiblichen Statussymbol per se avanciert sind. Und beschäftigt sich mit der Selfie-Kultur, ohne in langweiligen Kulturpessimismus zu verfallen. Überhaupt gelingt ihr der Spagat zwischen persönlichen Erfahrungen und dem Vermitteln von Basic-Wissen recht gut. Tätowierungen und der Trend zum Vollbart werden ebenso abgehandelt, wie die Frage: Botox oder nicht? Recht offen wird auch über das eigene Fast-Fashion-Suchtverhalten erzählt. Und wie sich Genderrollen gerade auflösen und die Modewelt radikal verändern.


Zwirn und Faden

Die britische Journalistin Kassia St Clair führt in die faszinierende Welt der Stoffe.

Es stimmt schon, was Autorin Kassia St Clair im Vorwort zu ihrem Buch „Die Welt der Stoffe“ (Hoffmann & Campe, 416 S.) schreibt: Wir sind zwar ständig umgeben von Stoffen, von der Wiege (Windeln) bis zur Bahre (Leichentuch), aber nehmen diese kaum wahr. Ihre faszinierende Reise beginnt bei den alten Griechen, die glaubten, das menschliche Schicksal würde von den Göttinnen bestimmt. Die mächtigste von ihnen, Klotho, spann mit ihrer Spindel den Lebensfaden. Es geht in Folge um das Mumifizieren bei den Ägyptern und um die ersten Webstühle. Ein spannendes Kapitel widmet sie den Leichentüchern und ihrer Geschichte, um dann zur Seide im alten China zu wechseln, und welchen enormen Reichtum dieser Stoff brachte. Aber auch über die Segel der Wikinger mehr zu erfahren, ist ein echtes Abenteuer, weil die gelernte Journalistin versteht, ihr Wissen anschaulich zu vermitteln. Mitunter liest sich das Buch wie ein Krimi, wenn über Robin Hood und die englischen Königshäuser erzählt wird. Oder wenn es darum geht, welche extreme Kleidung verwendet wurde, um Everest oder Südpol zu bezwingen.