Kein cold case-Spionage-Thriller, auch wenn einem der Atem stockt bei der Lektüre: für die einen Verschwörungstheorie, für die anderen allzu späte Aufarbeitung.


»Dass Camus’ Tod das schlichte Ergebnis eines gewöhnlichen Verkehrsunfalls gewesen sein sollte, war schon immer schwer zu glauben. Das Schicksal verschwört sich nicht zufällig gegen einen einzelnen Mann. Es sind eher die anderen Menschen, die so etwas tun.« Der italienische Schriftsteller und Dichter Giovanni Catelli macht bereits im Vorwort zum Titel »Camus muss sterben« seine Position zum mysteriösen Geschehen unmissverständlich klar. Hier ist kein Skandaljäger unterwegs, sondern ein Experte für die literarischen, historischen und politischen Ereignisse in Osteuropa, der als Korrespondent die Länder des ehemaligen Sowjetblocks bereist. Seine Nachforschungen fördern glaubwürdig Spuren zutage, die lange als verschollen galten bzw. nie an die Öffentlichkeit gelangen sollten. Spuren, die auch Paul Auster überzeugen: »In diesem beunruhigenden Buch macht sich Giovanni Catelli daran, das Rätsel des Autounfalls zu lösen, der Albert Camus und seinen Verleger Michel Gallimard am 4. Januar 1960 das Leben gekostet hat. Basierend auf jahrelanger sorgsamer Recherche konstruiert der Autor zwingende Argumente, um seine Behauptung zu stützen, sie seien die Opfer eines geplanten Mordes gewesen.«

Der 46 Jahre alte Camus, der 3 Jahre vor seinem Tod mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, der sich sein viel zu kurzes Leben lang laut gegen jeden Totalitarismus aufgelehnt, sich 1956 in Appellen um Solidarität mit den Ungarn bemüht und sich somit klar mit der sowjetischen Staatsmacht angelegt hat, kommt bei Tage auf gerader, trockener, wenig verkehrsreicher Straße zu Tode, das Autowrack ein Trümmerhaufen. Man sollte Catellis Buch aufmerksam lesen. Und dann die Werke von Camus (wieder) aus dem Regal holen.

Giovanni Catelli
Camus muss sterben
Ü: Carsten Drecoll
emons, 160 S.