Ende des 19. Jahrhunderts bereiste eine junge Engländerin Westafrika.


Mary Henrietta Kingsley, Spross einer Familie von Abenteurern und Afrika-Reisenden, macht sich dreißigjährig als erste ihrer mit ganz wenig Geld in der Tasche auf den Weg in das unentdeckte Westafrika. In langem Wollrock, schwarzer Bluse und Hütchen auf dem Kopf reist sie mit einem Seesack und Spezialbehälter für Fische und anderes kleines Getier durch unbekanntes Land, kommt mit den Landsleuten ins Gespräch und betreibt Tauschhandel. Sie sammelt im Auftrag des Britischen Museums, schreibt Berichte und wird nach ihrer Heimkehr zur gefragten Rednerin und Erzählerin über den »schwarzen Kontinent«.

Die hier beschriebene Reise findet 1895 statt. Mary Kingsley durchreist die heutigen Länder Nigeria, Kamerun und Gabun und es geht ihr hier wie bei all ihren Reisen nicht um eine schnelle Durchquerung der Gebiete, sondern um einen intensiven Besuch eines abgesteckten Territoriums. Kingsley hat die Begabung, mit jedem ins Gespräch zu kommen und so vermag sie in ihren Beschreibungen Dinge zu schildern, die den Wissenschaftlern größtenteils verborgen blieben: Sie erzählt von Landschaften, Menschen, der Fischwelt des Ogowé, von Handel, Riten, Traditionen und Bräuchen der Westafrikaner sowie von der Besteigung des Kamerunberges.

Ihre Ausführungen machen manchmal schmunzeln, sie ist natürlich ein Kind ihrer Zeit, die uns bereits sehr fern scheint, dennoch muss man den Hut ziehen vor ihren tiefsinnigen Beschreibungen, ihrem scharfen Blick und ihrem Mut. Ihr umfangreiches Buch stellt ein historisches Zeugnis dar, das auch heute absolut lesenswert ist.

Mary Henrietta Kingsley
Reisen in Westafrika. Durch Französisch-Kongo, Corisco und Kamerun. 1895
Ü: Niels-Arne Münch
Edition Erdmann, 480 S.