Evliya Çelebi berichtet über die »Welt zwischen Wien und Mekka« im 17. Jahrhundert.


Nach der Niederlage der Osmanen 1664 bei St. Gotthard (bzw. Mogersdorf) macht sich bereits im Folgejahr eine Delegation nach Wien auf, um die Verhältnisse »zwischen Sultan und Kaiser neu zu ordnen«. Im Gefolge des Großbotschafters Kara Mehmed, dem Leiter der mit diesem heiklen Auftrag beauftragten Mission, findet sich auch der Reisende und Gelehrte Evliya Çelebi (1611–1682): Seine Beschreibungen umfassen nicht nur politisch-historische Aspekte, sondern auch eine geradezu phantastische Beschreibung des Stephansdoms (sowie der Heerscharen von Mönchen, die angeblich darin wohnen) oder ein Porträt Leopold I., das wie ein satirisches Zerrbild wirkt. Die Begegnung mit dem Monarchen hindert ihn aber nicht daran, sich in der Folge eine Reiseerlaubnis durch das Kaiserreich zu erwirken und, getrieben von der eigenen Unruhe und Reiselust, nicht mit der Delegation in Wien zu bleiben. Diese Episode wirkt, übertragen auf »Das Reisebuch«, geradezu symptomatisch – die vorliegende Leseedition erlaubt die Begegnung mit einem Weltreisenden, Kartografen, Soldaten und vor allem Schriftsteller. Çelebis zehnbändiges Werk wird hier in einer vorbildlich kommentierten Auswahl vorgestellt; und sehr schnell wird deutlich, dass das »Reisebuch« weit mehr bietet als die ohnehin schon wertvolle, historische Beschreibung des Osmanischen Reiches und dessen Nachbarstaaten. Man kann Çelebi als weltoffenen Autor kennenlernen, bei dem ethnologische Vorformen, (Selbst-)Beobachtung und Erleben ineinander übergehen.

Evliya Çelebi
Das Reisebuch. Die Welt zwischen Wien und Mekka
Ü: Klaus Kreiser
C.H.Beck, 512 S.