Wer war er wirklich, dieser Schriftsteller, der sich in den Kanon der Weltliteratur geschrieben hat – und wie war sein Verhältnis zur Familie tatsächlich? Foto: Franz Kafka um 1906, Atelier Jacobi, Sigismund Jacobi.
Von welcher Seite der (literaturwissenschaftlichen) Aufarbeitung man sich auch annähern mag an die Person einer Autorin, eines Autors, die/der jüngst oder vor 100 Jahren diese Welt verlassen hat – bis zu einem gewissen Grad bleibt immer Spielraum für Spekulation beim Versuch, diese Person als »wahr« darzustellen. Eigentlich ein Unterfangen, das gar nicht gelingen kann – schon gar nicht, wenn es sich um die Familienbande im doppelten Wortsinn handelt.
Umso mehr Hochachtung gebührt dem sorgfältig zusammengestellten Band »Kafkas Familie. Ein Fotoalbum«, herausgegeben von Hans-Gerd Koch. Sparsam mit aussagekräftigen Zitaten aus Briefen, Tagebucheinträgen und einem Begleittext versehen, nähert er sich dem »schwierigen Autor« Kafka, der – aus Gründen, über die, siehe oben, nur gemutmaßt werden kann – seine Stellung innerhalb der Familie als einigermaßen furchtbar darstellte und als »tapfer hassend«, was das angebliche gegenseitige Verhältnis zum Vater betraf.
»Liest man einzelne Äußerungen Franz Kafkas über seine nächsten Verwandten und seine Einstellung zur Familie, könnte man glauben, Einblick in ein gestörtes oder zerrüttetes Verhältnis zu bekommen. Verfolgt man seine Äußerungen aber in ihrer Gesamtheit bis zu seinem frühen Tod, wird klar, wie falsch dieser Eindruck ist und dass man einmal mehr auf Kafkas Spiel von Methode und Wahrheit hereingefallen ist«, so der Herausgeber.
Es ist ein schöner Band, und die Bilder erzählen in ihrer eigenen Sprache – »Das Urteil« steht ohnehin niemandem zu.
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Hans-Gerd Koch (Hg.)
Kafkas Familie. Ein Fotoalbum
Wagenbach, 208 S.