Ist das noch gut oder kann das weg? Kaputte Gegenstände sind nicht automatisch reif für den Abfall: Vier Ratgeber liefern Tipps, wie man vermeintlichen Müll repariert oder anders verwendet. (Foto: Smarticular)
Dass die Begriffe »Wohlstandsgesellschaft« und »Wegwerfgesellschaft« Synonyme sind, das ist ein alter Hut: Was kaputt gegangen oder in die Jahre gekommen ist, wandert häufig sofort in den Mülleimer, auf dass sogleich munter Ersatz erworben werde. Aber vor einer Weile ist uns ja der Zeitgeist der Nachhaltigkeit erschienen, weshalb die Exzesse unseres westlichen Konsums und ihre Folgen längst kritisch reflektiert werden. So bricht auch Gabriele Chomrak in ihrem Ratgeber »CraftWerk« eine Lanze für das Selbermachen (neudeutsch: Do it yourself): »›Kann man doch kaufen!‹ Sicher kann man Ähnliches auch kaufen und vielleicht auch viel schöner und perfekter verarbeitet. Doch selbst kreativ zu sein und mit eigenen Händen ein einzigartiges Design zu erschaffen, das zu 100 % dem eigenen Geschmack entspricht, das macht DIYen aus.« Und so wird hier munter »Upcycling« betrieben: Anstatt Müll wegzuwerfen oder dem Recycling zu übergeben, damit die Industrie aus dem Material wieder die gleichen Produkte herstellt, entstehen hier daraus ganz andere, optisch interessantere Objekte. So zeigt die freiberufliche Innenarchitektin ihr Können, vermeintlichen Abfällen neues Leben einzuhauchen. Mithilfe von verständlichen Anleitungstexten und attraktiven Fotos von Arbeitsschritten lernt man hier, was noch so alles Hübsches entstehen kann aus Materialien, die eigentlich schon kurz davor standen, im Mistkübel zu landen: Da werden aus Papierresten schmucke Zierfedern, kaputte Gartenschläuche erstehen als Sitzflächen wieder auf und Jutegarn findet als Lampenschirm eine neue Bestimmung. (Foto: BJVV/Gabriele Chomrak).
Dass man also das, was vordergründig nach Müll aussieht, als Bastelmaterial freudig umarmen sollte, findet auch Ina Mielkau und zeigt in »Resteliebe Glas«, wie aus leeren Flaschen Gegenstände voller Kreativität entstehen: Die Dekorateurin ermutigt ihre Leser gleich zu Beginn, sich nicht sofort von ein paar Scherben entmutigen zu lassen. Das liege in der Natur der Sache und auch gar nicht unbedingt an einem selbst: »Oft sind die Flaschen bereits recycelt und die Glasstärke variiert sehr stark, sodass es am Glas liegt, wenn es sich nicht gleichmäßig schneiden lässt.« Grundsätzlich ist die Autorin aber überzeugt: »Flaschenschneiden ist nicht schwierig. Es erfordert nur ein wenig Geduld.« Und über diesen Basteleifer freut sich auch der Freundeskreis, weiß Mielkau aus eigener Erfahrung zu berichten: Die Bekannten waren froh darüber, dass ihnen der Gang zum Glascontainer erspart blieb. Bevor sie aber ihre Künste vorführt, referiert Mielkau informativ die Grundlagen und gibt Tipps zu den verschiedenen Methoden des Flaschenschneidens und der unterschiedlichen Beschaffenheit der Wandstärken. Aber auch bei Fragen, wie man Etiketten entfernt oder die Korken wiederverwertet, weiß Mielkau Rat. Und so staunt man, was theoretisch für ein vielverwendbares Material in den Altglascontainern schlummert: Teelichter, Keksdosen und Cocktailgläser sind nur ein paar der Ideen, auf die Mielkau in diesem Band kommt. (Foto: Christophorus).
Was sich in den Containern anhäuft, ist nicht nur Glas, sondern ebenso Kleidung: Das beklagt auch das Herausgeberkollektiv von Smarticular.net, einem Ideenportal für einfaches und nachhaltiges Leben: »Kleidung und andere Textilien gehören zu den meistproduzierten Dingen weltweit – aber auch zu denen, die am häufigsten weggeworfen werden, oft kaum benutzt oder sogar komplett ungetragen. Dabei sind gerade Textilien unglaublich vielseitig, wandelbar und sehr oft weiterverwendbar!« Und auf welche Art, das zeigt das Buch »Neue Dinge aus alten Stoffen«. Bereits zu Beginn wird mit einer Übersichtsgrafik deutlich gemacht – ob vom Hemd über die Hose zum T-Shirt: Sechs bis sieben Ideen für eine Wiederverwertung gibt es für die Kleidungsstücke jeweils. Und dazu muss man kein besonders gewieftes Schneiderlein sein. Die grundsätzlichen Nähhandgriffe, die es zum Textilupcycling braucht, werden hier schnell erklärt. Wäre doch schön, wenn das ruinierte Lieblingsshirt einem gewogen bleibt – zum Beispiel als Einkaufsbeutel oder als Kissenbezug.
Man braucht es aber auch gar nicht erst so weit kommen zu lassen, dass man vor der Wahl Tonne oder Upcycling steht. Wer keinen Müll kauft, muss auch keinen wegwerfen. Was nämlich kaputt ist, kann man schließlich häufig noch reparieren: Das muss man sich aber was kosten lassen, wenn das den Fachleuten überlassen wird. Wer weniger von den Profis abhängen möchte, die oder der greife zu »Wie man alles repariert« von Nick Harper. »Wie wäre es, einfach mal innezuhalten und sich vorzunehmen, das »kaputte Zeug« zu reparieren, statt alles wegzuwerfen und ständig etwas Neues zu kaufen?«, fragt der englische Journalist, der unter anderem für den Guardian schreibt. Ja, wie nur? Und wie geht das überhaupt, fragen sich wohl gerade doppelte Linkshänder. Das ist gar nicht so schwer, motiviert Harper und zeigt, mit welchen Werkzeugen sich Schadensfälle im Haushalt reparieren lassen: 104 Probleme und ihre Lösungen stellt Harper vor. Na, dann mal ran ans Werk!
Die Bücher:
Gabriele Chomrak, „CraftWerk. Kreative Ideen für DIY und Upcycling“ (Becker Joest Volk), 168 S.
Ina Mielkau, „Resteliebe Glas. Alles verwenden, nichts verschwenden! Die besten Ideen aus Altglas“ (Christophorus), 128 S.
„Neue Dinge aus alten Stoffen“ (Smarticular), 208 S.
Nick Harper, „Wie man alles repariert. In Freizeit, Haus und Garten“ (Anaconda), 224 S.