Sehr schwarz. Sehr böse. Sehr österreichisch.


Der österreichische Kabarettist, Musiker, Darsteller und Liedermacher Joesi Prokopetz hat seinen ersten Roman verfasst. Bereits im schwarzhumorigen Hit »Es lebe der Zentralfriedhof«, den er gemeinsam mit Wolfgang Ambros vor fast 50 Jahren geschrieben hat, hat der gebürtige Wiener bewiesen, dass er dem Ruf seiner Heimatstadt, was launigschwarzen Witz betrifft, voll und ganz entspricht. Jetzt legt er einen Roman vor, der an Schwärze, Humor, Düsternis und Provinzialität kaum zu überbieten ist.

Im Dorf Ursprung, nahe dem niederösterreichischen Dunkelsteiner Wald, leben nur mehr 69 Menschen. Es ist düster, das Wetter immer schlecht, die Häuser abgewohnt, das Wirtshaus dreckig, die Bewohner irgendwie sehr einfach gestrickt. Kurzum, die gesamte Kulisse ist morbid, das Personeninventar, sagen wir, speziell. Skurril ist beides. In diesen verlassenen Ort kommt nach dem Tod des Pfarrers ein neuer Geistlicher, der sich Mano Urian nennt. Außerhalb der Kirche ist er mit allen auf Du und Du, seine Messfeiern gestalten sich unkonventionell, und überhaupt wirbelt er recht viel des modrigen Dorfstaubes auf. Kurz nach seiner Ankunft ereignet sich ein bizarrer Todesfall, etliche andere folgen. Nebenbei werden Heucheleien und Veruntreuungen sowie menschliches Versagen und moralische Doppelbödigkeiten entlarvt. Das ohnehin schon einwohnerarme Dorf ist am Ende zahlenmäßig noch viel kleiner als zu Beginn der Geschichte. Und Pfarrer Urian verschwunden.

Prokopetz‘ Roman ist kein Krimi im eigentlichen Sinn, es wird hier nichts aufgeklärt. Er ist vielmehr eine gruselig anmutende Geschichte, ähnlich den englischen Gothic Novels, den Schauerromanen mit übersinnlichen Versatzstücken, und ein Gegenentwurf zu dem, was man landläufig unter Dorfidylle versteht: düster, abgründig und voller unerklärbarer Seltsamkeiten. Die Beschreibungen der Umgebung sowie der Figuren und die Dialoge sind wortgewaltig, humorig, launig und eindringlich, sodass während der Lektüre unweigerlich Bilder vor dem geistigen Auge auftauchen: Bilder eines heruntergekommenen Dorfes im österreichischen Nirgendwo, ein illustrer und nicht unattraktiver Priester mit seltsamem Schritt und anderen Auffälligkeiten, die Szenerie ist dunkel, mit einigen schrillen Details. Die hohe Amtskirche und Geheimbünde dürfen nicht fehlen, beziehungstechnische Verwirrspiele, Kleinkriminalität und das kleine Glück inmitten der Misere ebenso nicht.

Joesi Prokopetz ist mit seinem ersten Roman ein guter Wurf gelungen. Ein Anti-Heimatroman erster Güte, der, ohne selbst derb zu sein, über die tiefste Provinz erzählt, mit viel subtilem und klugem Witz, Sinn für das geheimnisvolle Böse und einem sicheren Gespür für menschliche Abgründe.

Joesi Prokopetz
Teufelskreuz
Servus, 271 S.