Ein großer Schriftsteller, ein noch größerer Mensch.
Ob James Baldwin eine gewisse Befriedigung daraus zog, dass er im Mai 1963 der erste Schwarze auf dem Cover des Time Magazine war, lässt sich dem vorliegenden Band nicht entnehmen. Der unermüdlich sich selbst und sein Verhältnis zur Welt, zu den Menschen Erforschende hat es hoffentlich als angenehmere Erfahrung verbucht als seinen Aufenthalt im Schweizerischen Leukerbad – in jenem idyllischen Dorf, das seit über 25 Jahren für ein international renommiertes Literaturfestival gastgebend steht. 1951 kommt Baldwin als 27-Jähriger, ausgebrannt von dem, was es bedeutet, in Amerika kein Weißer zu sein, in diese kleine Welt – und es muss das europäische Trauma gewesen sein, das ihm widerfuhr; keine/r im Dorf hatte je zuvor einen schwarzen Menschen gesehen – aber bereits die Kinder wussten das N-Wort. Baldwin klagt nicht, er klagt auch nicht an, er setzt sich auseinander – sein Grundprinzip.
In die Texte muss man hineinkippen: unpathetisch, souverän, geschliffen reflektiert. Das wunderbar parteiische Vorwort der deutschen Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal bereitet Leser/innen bestens auf die Lektüre vor, die kluge Nachbemerkung der Übersetzerin Miriam Mandelkow begleitet hinaus.
Paul Auster, Zadie Smith u.v.a. zollen James Baldwin ihren großen Respekt – und es ist ebenso gut wie unverzichtbar, dass dtv diese Neuübersetzung/Neuauflage vorlegt.
Vielleicht einer der wichtigsten Sätze, den Leser/innen mitnehmen können: »Wahrscheinlich halten die Menschen auch deshalb so stur an ihrem Hass fest, weil sie ahnen: Ist der Hass einmal verschwunden, kommt der Schmerz.«
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James Baldwin
Von einem Sohn dieses Landes. Essays
Ü: Miriam Mandelkow
dtv, 240 S.