Drei Frauen schauen Beckett, während Australien brennt.
Da soll mal eine/r sagen, Theater könne die Menschen nicht mehr bewegen. Wie ein vehementes Argument gegen diese abfällige Behauptung wirkt „Die Feuer“, der zweite Roman der australischen Autorin Claire Thomas. Er ist 13 Jahre nach ihrem – bisher nicht ins Deutsche übersetzten – Debüt erschienen und schaut drei Zuschauerinnen einer Samuel-Beckett-Aufführung in die Köpfe: der Literaturprofessorin Margot, der Platzanweiserin Summer und der Mäzenin Ivy.
„Glückliche Tage“ ist jenes Stück des absurden Genies, in dem eine Frau in einem Erdhügel steckt und lamentiert. Dass die Inszenierung einen „öko-feministischen“ Ansatz hat, wird Insider/innen zum Schmunzeln bringen: Becketts strikte Vorgaben (gepaart mit der anglophonen Theatertradition der Werktreue) ersticken in der Regel jeglichen innovativen Einfall im Keim. Immerhin scheint die Regisseurin erfolgreich die Verwüstung abzubilden, die draußen vor sich geht. Während in dem Melbourner Theater alle unter der voll aufgedrehten Klimaanlage zittern, entfacht die große Hitze im Umland gefährliche Buschfeuer. So richtig aufmerksam verfolgt die Vorstellung daher niemand. Nur Textfetzen bleiben hängen, lösen Gedankenströme und Erinnerungen aus. Die Begegnung der drei Protagonistinnen zwischen den Akten wird kunstvoll als Stückskript präsentiert (bühnentauglich ist das Dramolett „Die Pause“ freilich eher nicht).
Im Rahmen ihrer vielleicht etwas zu offensiv klugen Gesamtkonstruktion gelingt es Thomas, nahezu alle erdenklichen Themen der Gegenwart zu streifen: Freud und Leid der Mutterschaft, Queerness, Krankheit, Gewalt, Rassismus gegen Aborigines und andere People of Colour in Australien und natürlich den Klimawandel. Locker-flockig liest sich der Roman in Eva Bonnés Übersetzung obendrein. Wäre dies eine Theaterkritik, stünde hier wohl so etwas wie: „Kurzer, aber herzlicher Applaus.“
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Claire Thomas
Die Feuer
Ü: Eva Bonné
Hanser, 256 S.