Mit Axel Hacke lernen, wie man richtig italienisch urlaubt.
Warum sollte es von Interesse sein, über das Sommerhaus eines anderen zu lesen? Was haben wir davon, zu erfahren, wie einer der bekanntesten Autoren Deutschlands gemeinsam mit seiner Familie Sommer um Sommer in einem kleinen Dorf auf einer italienischen Insel verbringt? Jede Menge! Denn Axel Hacke hat mit »Ein Haus für viele Sommer« nicht nur wieder einmal genau den richtigen Ton getroffen, er bewegt uns auch zur Achtsamkeit.
Eine Dorfgemeinschaft ist speziell, eine italienische noch spezieller. Lorenzo der Schreiner, Dante der Ziegenwirt oder Ludwig der Käfersammler (eine besonders rührende Geschichte) – gemeinsam mit Axel Hacke und Familie treffen wir auf jede Menge skurrile wie liebevolle Charaktere, mit denen wir am liebsten auch in diese »ganz bestimmte Bar« einkehren würden, von der immer wieder die Rede ist – völlig egal ob zum Aperitivo oder zum Digestivo. Teils sind Hackes Anekdoten zum Schreien komisch, zugespitzt bis aufs Letzte, wie etwa die Szene, in der Arturo zur Reinigung des Wassertanks vorbeischaut und dann auf ewig in ihm gefangen zu sein scheint (italienische Hilfsbereitschaft kann auch ihre Tücken haben). Immer mit dabei ist eine gehörige Portion Selbstironie: »Maggi kenne nur ich, der Deutsche, und ich sage: Alle Wildschweine riechen nach Maggi, das kann ich nach einigen Erfahrungen sowohl mit Wildschweinen als auch mit Maggi sagen.« Und auch die Selbstkritik kommt nicht zu kurz: »Es ist seltsam, wie wir die Rastlosigkeit unseres Arbeitsalltags in die Ferien mitnehmen. Statt morgens in Büro, die Klinik oder zum Bahnhof zu eilen, sind wir auf dem Golfplatz verabredet, beim Mountainbiken oder zur Bergwanderung, nachmittags ist dann quality time mit der Familie angesetzt – abends wartet die ›entspannte Runde im Restaurant‹.«
Wir können eben so einiges lernen von den Italienern, allem voran das Nichtstun – auch der Autor selbst übt sich darin. Ein bisschen wird dieses wunderbare Sommerbuch für Italienfans oder die, die es werden wollen, auch zum Ratgeber fürs richtige Urlaubmachen. Es erzählt von den Tücken und Vorzügen eines Ferienhauses auf einer italienischen Insel, von der eingeschworenen Dorfgemeinschaft, in der man sich noch gegenseitig hilft – bei der Olivenernte, wenn mal das Wasser wegbleibt oder die Wildschweine einfallen. Wir lernen auch viel über die Eigenheiten der Italiener und über unsere eigenen, kriegen jede Menge italienische Vokabeln, Rezepte, aber auch Klischees um die Ohren gehauen. Für den Moment des Lesens sind wir mit der Familie gemeinsam in ihrer Sommerfrische, der villeggiatura, der besonderen Art und stellen fest: »So ist das im Dorf: Irgendwann erfährst du alles. Du musst nur darauf warten, dann kommt jede Geschichte zu dir.« Wunderbare Unterhaltung und vielleicht ein Anreiz, es den Ausbrechern gleichzutun.
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Axel Hacke
Ein Haus für viele Sommer
Kunstmann, 256 S.