Als die Buchkultur anlässlich des Erscheinens seines Meisterwerks „Götter ohne Menschen“ mit dem in New York ansässigen Briten Hari Kunzru telefonierte, befanden sich die Vereinigten Staaten auf dem Höhepunkt der Coronakrise und die Stadt im Lockdown. Im Gespräch ging es auch um Trumps „verheerende“ Coronapolitik und den amerikanischen Rassismus, der sich auch im Gesundheitswesen niederschlägt. Kurz darauf überschlugen sich die Ereignisse: Der Afroamerikaner George Floyd wurde von einem weißen Polizisten ermordet, die Menschen gingen zu Hunderttausenden gegen Trump und eine zutiefst vom Rassismus durchdrungene Unkultur auf die Straße. Wir haben das Online-Interview aufgrund der sich überstürzenden Ereignisse aktualisiert und beginnen damit das Gespräch über Kunzrus Roman, den Lockdown und die Folgen der Coronakrise, Trump, die Gefahr von rechts und die Kraft der Hoffnung in dunklen Zeiten. Foto: Sophia Spring.


Buchkultur: Die Ermordung des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten ist das jüngste Beispiel in einer Serie von rassistisch motivierter Polizeigewalt in den USA. Liegen die Gründe dafür in der amerikanischen Geschichte, die ja auch eine Geschichte der Sklaverei ist?

Hari Kunzru: Natürlich. Bevor ich in die USA kam, dachte ich, ich hätte verstanden, welch tiefe Wunden die Sklaverei in Amerika hinterlassen hat, welch tiefe Narben sie hinterlassen hat. Aber ich habe es vollkommen unterschätzt. Das auf „Rassen“ beruhende Kastensystem wurzelt in den Anfängen des sozialen und politischen Lebens in Amerika. Einrichtungen, Organe wie die Polizei und Stadtverwaltungen entsprangen oft explizitem Rassismus – manche Polizeistationen begannen als Sklavenpatrouillen. Manche Stadtviertel wurden so entworfen, dass sie getrennt, abgesondert waren (durch so genanntes „Redlining“, informelle Praktiken, die verhindern, dass Schwarze Menschen Eigentum besitzen oder mieten).

In den USA sterben überdurchschnittlich viele Afroamerikaner, People of Color an den Folgen des Coronavirus, weil das amerikanische Gesundheitssystem sie klar benachteiligt. Spielt das in den Demonstrationen und Protesten auch mit eine Rolle?

Auch das ist vollkommen richtig. Amerikaner haben sehr ungleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung. Und dieselben Kräfte, die schwarzen Amerikanern ihre zivilen und politischen Rechte verweigert haben, haben ihnen auch den Zugang zur Versorgung verweigert – besonders zur präventiven Gesundheitsvorsorge. Wie wir nun wissen, ist Covid-19 besonders tödlich für Patienten mit Vorerkrankungen, die Art von Erkrankungen, die man in Amerika managen kann, wenn man Geld hat. Welche aber ärmere Amerikaner für gewöhnlich nicht behandeln lassen. Das kommt einem Europäer wahrscheinlich merkwürdig vor – bei mir war es so, als ich zum ersten Mal hierherkam –, aber das führt dazu, dass ein Teil der Bevölkerung an gewöhnlichen und behandelbaren Krankheiten leidet – auf eine Art, wie es in jedem anderen entwickelten Land undenkbar wäre.

Trump drohte mit der „unbegrenzten Macht des Militärs“ gegen Demonstranten. Er zitierte den rassistischen Satz „Beginnt das Plündern, beginnt das Schießen“ aus den Sechzigern und ließ sich mit der Bibel in der Hand vor einer Kirche ablichten – zuvor hatte er friedliche Demonstranten von dort mit Tränengas vertreiben lassen. Er scheint immer autokratischer zu werden. Ihr Wort zu all dem?

Das meiste, was ich dazu zu sagen habe, schrieb ich in diesem Artikel, der gerade veröffentlicht wurde:

Hoffen, glauben Sie, dass Trump im November abgewählt wird?

Ich bin sehr beunruhigt. Ich bin alles andere als sicher, dass Trump zurücktreten wird, wenn er bei den Wahlen im November geschlagen wird. Wenn er gewinnt, werden die Folgen für die amerikanische Demokratie schwerwiegend sein, und möglicherweise wird es ihr Ende bedeuten.

Was fürchten Sie? Was erhoffen Sie sich? Was können wir tun, um dem systematischen Rassismus ein Ende zu bereiten, „mit den Wurzeln zu entfernen“, wie Joe Biden sagte?

Ich muss Hoffnung haben, sonst wären die Dinge unerträglich. Systematischen Rassismus „mit den Wurzeln zu entfernen“, ist schwierig und passiert schrittweise. In den Neunzigern besuchte ich Wien regelmäßig. Ich datete eine Brasilianerin, die dort lebte, und zusammen waren wir eins der wenigen nicht weißen Paare, die man im Prater oder im Flex sah. Wir waren uns definitiv dessen bewusst, dass wir anders waren, und nicht jeder war glücklich, uns zu sehen, obwohl der Großteil der Aufmerksamkeit, die uns geschenkt wurde, bewundernd war. Trotzdem ist es unangenehm, als „exotisch“ wahrgenommen zu werden, sogar wenn die Leute gute Absichten haben. Ich erinnere mich, dass es damals im Naturhistorischen Museum immer noch den sogenannten „Rassensaal“ gab. Es brauchte viel schwere politische und aufklärerische Arbeit, um den Leuten begreiflich zu machen, wie ungeheuerlich, wie empörend diese Ausstellung war. Sogar als sie weg war, erinnere ich mich daran, dass man nur die Wachsfiguren-Modelle der „höheren“ und „minderwertigeren Rassetypen“ neu arrangiert hatte – mit kleinen Bändern auf ihren Armen, die sagten: „Es gibt kein Negerblut“. Es war sehr schockierend für mich zu sehen, dass das Museum dieser Art der Kommunikation mit den Zuschauern bedurfte. Ich war seit mindestens zwanzig Jahren nicht dort. Ich nehme also an, dass die Dinge sich weiterentwickelt haben, aber es ist ein Beispiel dafür, wie resistent Menschen Veränderungen gegenüber sein können.

Sie leben mit Ihrer Familie in New York. Wie geht es Ihnen auf dem Höhepunkt der Coronakrise in den USA?

Was mich persönlich betrifft: Meiner Familie geht es gut. Wir waren gut darauf vorbereitet, weil wir die Nachrichten seit Januar verfolgten und wir dachten, dass es hier vielleicht schlimm werden könnte. Und so hatten wir Essen und medizinische Bedarfsartikel, und wir leben in einem Haus mit einem kleinen Außenbereich, sodass die Kinder draußen sein können, ohne im Park sein zu müssen oder an Plätzen, wo sich andere Leute aufhalten. Ich bin der Einzige, der überhaupt das Haus verlässt. Ich mache lange Radtouren durch die leere Stadt. Auf eine Art macht es Freude, mit dem Rad auf Straßen zu fahren, auf denen es normalerweise wegen des starken Verkehrs zu gefährlich wäre. Es ist komplett leer.

In politischer Hinsicht hätten die Dinge hier keinen schlechteren Verlauf nehmen können. In New York haben wir ein Gutes: Den Gouverneur, der ein „old machine politician“ ist. Er versteht es, die Hebel zu ziehen, damit die Dinge ermöglicht werden. Er versteht, wie man etwas bewirkt. So wie ich es sehe, hat die USA jetzt die weltweit meisten Fälle. Es gibt recht viel medizinische Ausrüstung. Aber die Coronavirus-Politik ist verheerend. Der Präsident spielt Arzt und hat möglicherweise ein finanzielles Interesse an den Medikamenten, die die Leute seinem Plan nach nehmen sollen. Er hat seine Politik geändert von „Nichts wird passieren“ zu der Aussage, dass es ein großer Sieg für ihn sein wird, wenn hunderttausend Menschen sterben. Und das werde ein Beweis für seine „weise“ Regierung sein. Wir sehen alle Bruchlinien der Gesellschaft sehr deutlich, besonders im Gesundheitswesen. Das System, das Menschen für die Gesundheitsvorsorge, die Krankenversicherung zahlen lässt und sie an eine Beschäftigung, an einen Arbeitsplatz, knüpft, macht es den Leuten sehr schwer, nicht zur Arbeit zu gehen, wenn sie sich vielleicht krank fühlen. Viele Leute vermeiden es so lange wie möglich, zum Arzt zu gehen, weil sie es sich nicht leisten können. Besonders ärmere Menschen – und das sind proportional viele People of Color – riskieren ihr Leben, weil sie vielleicht lange Zeit den Arztbesuch vermieden haben, da sie nicht ordentlich versichert sind. Die Bedingungen machen sie anfälliger für das Virus und deshalb sterben sie in großer Zahl. Der amerikanische Rassismus manifestiert sich wirklich in dieser Krise. Aber inzwischen in Großbritannien – mein Gott – das seltsame moralische Lehrstück von Boris Johnson! Haben Sie das Video gesehen, in dem er sagt, dass er weiter damit fortfahren wird, jedem die Hände zu schütteln und dass er in einem Coronavirus-Krieg ist – und zehn Tage später ist der arme Mann auf der Intensivstation. Die Strategie war sehr schlecht und die Botschaften waren sehr verwirrrend. Die Briten sind sich nicht sicher, ob sie rausgehen oder zu Hause bleiben sollen. Meine armen Eltern suchen drinnen Schutz, sie sind alt und daher verwundbar. Andere wiederum verhalten sich kaum konform mit dem Social Distancing. Ich glaube, dass wir in New York einen langen Weg bis zur Öffnung vor uns haben, und wir sind ein wenig neidisch auf die Deutschen und Österreicher und die anderen Menschen, deren Regierungen da gut handelten und wo es eine sehr geschlossene öffentliche Resonanz gab. Das ist die Lehre, die wir sehen: Eine Regierung, die vorbereitet ist, frühzeitig zu handeln und Menschen, die eine soziale Solidarität oder eine soziale Bindung haben, erleben das Virus als weniger traumatisch. Was mich persönlich betrifft: Wir sind nicht krank, wir überstehen das gut, und wir haben sogar ein bisschen Kinderbetreuung, weil unser Babysitter unten wohnt. Und so kann ich sogar ein bisschen arbeiten, was auf die meisten Menschen nicht zutrifft. Das ist ein großes Problem für viele meiner Freunde: Sie müssen zuhause Homeschooling machen, und viele Menschen, die versuchen, ihr Arbeitsleben fortzusetzen, haben eine Kapazität von 50 Prozent oder weniger, sogar wenn sie einen Partner haben, der die Hälfte der Zeit helfen kann. Wir haben also großes Glück in unserer Familie.

Wie kann Literatur, Kunst da helfen?

Wir verwenden dieses Wort „Flucht“, „Entkommen“: Literatur erlaubt uns immer, uns etwas außerhalb unserer eigenen Erfahrung vorzustellen, auszumalen. Das ist sicherlich eine Aufgabe, welche die Literatur erfüllen kann. Und ich denke, dass es von diesem Standpunkt aus hier sicherlich eine Aufgabe für Autoren gibt. Im Moment sind wir auf eine praktische Weise alle sehr besorgt um alle unabhängigen Buchhandlungen. Die aktuelle Infrastruktur dessen, was wir machen, ist durch die Krise sehr stark beschädigt. Und so versuchen wir, Wege zu finden, zu helfen. Ich könnte jetzt etwas Grandioses über die Rolle der Literatur sagen, aber es wäre nicht wirklich sinnvoll. Es ist eine Zeit, in der wir uns wirklich auf die Menschen fokussieren müssen, die die grundlegendsten Jobs in der Gesellschaft machen. Im Moment sind die wichtigen Menschen Krankenschwestern und Menschen, die zur Arbeit gehen, um Büchsen in Supermarktregale einzuräumen. Es stellt sich heraus, dass diese Menschen für unser Überleben essenziell sind. Auf längere Sicht gesehen glaube ich, dass es eine Aufgabe der Schriftsteller sein wird, zu verstehen, was mit der Welt passiert ist und welche tiefen kulturellen Veränderungen daraus resultieren werden. Die Welt ist durch eine gemeinschaftliche Erfahrung gegangen wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht. Das ist etwas zu unseren Lebzeiten, womit wir keine Erfahrung haben. Und insbesondere der Roman eignet sich sehr gut dafür, verschiedene Erfahrungsstränge und unterschiedliche Wege, die Welt zu verstehen, zusammenzubringen. Der Roman ist ein Ort, wo man alle möglichen Dinge sammeln kann. Ich würde erwarten, dass Schriftsteller eine Rolle haben werden, allen zu helfen, irgendeinen Sinn daraus abzuleiten. Ich bin sicher, dass jetzt viele Romane sehr schnell veröffentlicht werden, die die Pandemie als Handlung, als Kunstgriff, als „plot device“ verwenden werden. Aber ich interessiere mich mehr für Dinge wie das Herausstellen unserer wechselseitigen Abhängigkeit voneinander. Das gilt besonders für Amerika. Das ist eine Gesellschaft, die besessen vom Individuum als einer fast schon heiligen Kategorie ist. Die individuellste Sache, die man hat, ist die Gesundheit seines Körpers. Aber tatsächlich stellt sich heraus, dass deine Gesundheit eine gemeinschaftliche Sache ist: Ich kann nicht gesund sein, wenn mein Nachbar nicht gesund ist und mir das Virus übertragen könnte. Die Entdeckung, dass es hier eine Gemeinschaft gibt, ist psychologisch gesehen sehr wichtig für dieses Land. Ich weiß nicht, wie sich das in der Dichtkunst manifestieren wird, denn es gibt schon Leute, die versuchen, Geschichten darüber zu erzählen, die keinen Wahrheitsgehalt haben. Aber ich glaube, für viele Leute wird das eine enorm wichtige Veränderung sein, und Fiktion, Belletristik zu schreiben, wird ein erster Schritt sein, das zu verstehen.

Wird sich auch unser Verständnis von Globalisierung verändern? Ist die Krise das Ende der Globalisierung, wie wir sie alle kennen? Haben Sie Sorge vor einem Rechtsruck infolge der Krise?

Vor vielen Jahren schrieb ich einen Roman mit dem Titel „Transmission“ (auf Deutsch: „Grayday“, Anm. d. Red.), in dem es um Computer-Viren und Globalisierung ging und um die virale Verbreitung als Weg, um die Komplexität der Globalisierung zu verstehen. Jetzt glaube ich ohne Zweifel, dass die vielen rechten Parteien auf der ganzen Welt versuchen werden, das Virus als etwas, das mit Immigration zu tun hat, in Zusammenhang zu bringen. In den USA versuchte der Präsident, die ganze Schuld auf China zu schieben, und dann entdeckten wir, dass die ersten Fälle in New York scheinbar aus Europa kamen. Ja, es wird Fragen zur Globalisierung geben. Heute werden die wichtigeren davon mit Dingen wie Lieferketten zu tun haben. Die Entdeckung, dass die Welt die medizinische Ausrüstung aus China bezieht, wird für viele Menschen eine wichtige sein. Und vielleicht wird es Treibstoff für eine Art von Nationalismus liefern, die ich beunruhigend finde. Es zeigt auch, dass eine Art der Globalisierung, welche von Eliten immer als unkompliziert gepusht wurde, kompliziert ist. Die Auslagerung von aller Produktion nach Asien ist etwas, das Konsequenzen für Länder in Europa und Nordamerika hat. Und wir sind erst am Anfang der wirklichen Krise, die die Rezession sein wird. Die Statistiken hier sind, offen gesagt, erschreckend. Ihre Prognose ist, dass die Arbeitslosenrate mehrere Prozentpunkte über der höchsten Rate während der Großen Depression in den 1930er Jahren sein wird. Und das bedeutet tiefe Not für viele Menschen. Und es heißt, dass die Politik – sogar der demokratischen Partei –, die den Menschen mit Annahmen, Prämissen über die Welt gedient hat, nicht mehr länger gültig ist. Ich rechne damit, dass der Status quo von beiden Richtungen, rechts und links, sehr in Frage gestellt werden wird.

Wir wissen leider aus der Geschichte, wohin hohe Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrisen führen können.

Absolut, ja. Und, wieder: Vielleicht haben einige der europäischen Länder ein historisches Gedächtnis, das lange genug in die Vergangenheit reicht, sodass es möglich ist, diese Folgen auszuschließen, zu umgehen. Ich weiß, dass es eine Art Anfälligkeit in der österreichischen Politik gibt und eine Akzeptanz den Geschichten der Rechten gegenüber. Vielleicht werden die Unterschiede, wie Deutschland auf den Zeiten Weltkrieg reagiert hat und wie Österreich auf den Zweiten Weltkrieg reagiert hat, ein Faktor für die Art von Politik sein, die die Österreicher in Zukunft akzeptabel finden.

Kommen wir zu Ihrem Roman. „Götter ohne Menschen“ spielt in der Mojave-Wüste und variiert ein Zitat Balzacs. Wofür steht die Metapher Wüste im Buch?

Als ich begonnen habe, die Wüste zu bereisen – das war ein paar Jahre, ehe ich mit dem Schreiben des Romans begonnen habe –, war ich sehr beeindruckt von der Kraft der Landschaft, besonders der Hochwüste, der High Desert. Der Boden und der Sand dort sind sehr weiß. Wenn die Sonne zu Mittag sehr hoch steht und auf diese weiße Landschaft scheint, blendet es so, dass man den Unterschied zwischen Himmel und Erde nicht mehr ausmachen kann. Ich fühlte sehr stark die Tradition, die der Wüste in so vielen Religionen anhaftet, besonders im Christentum. Die Vorstellung, in die Wüste hinauszugehen, um die Welt der Menschen zu verlassen und mit Gott in Kontakt zu sein oder mit irgendeiner metaphysischen Kraft. Und historisch gesehen haben sich in Kalifornien – von den Küsten dieser bevölkerten weltlichen Orte –, Leute, die das abgelehnt haben, die auch die Gesellschaft abgelehnt haben, in diesen eher vergessenen Teil des Landes zurückzogen – in diesen Teil, wo das Große Becken ist, diese extrem rauen und trockenen Landschaften. So wurde es ein Ort für Outcasts und auch für schlechte Dinge – das Kochen von Methamphetamin –, aber auch für Menschen, die aus religiösen Motiven hingingen. In der Balzac-Erzählung „Eine Leidenschaft in der Wüste“ ist es ein alter Soldat, der mit Napoleon auf Ägypten-Feldzug ist. Und jemand fragt: „Was ist die Wüste?“ Und er sagt: „Das ist Gott ohne die Menschen.“ Und das scheint mir eine Art Verständnis des Gefühls zu sein, sich an einem Ort vollkommener Leere zu befinden. An einem Ort, der feindselig ist, einem Ort, der einen töten könnte, wenn man einen Fehler macht. Einmal ging ich verloren, als ich mich weiter von meinem Auto entfernte, als ich gedacht hatte, und das Wasser ging mir aus. Ich war nahe daran, ohnmächtig zu werden. Und ich erkannte, dass die Wüste ein Ort ist, der auf eine bestimmte Weise gegen den Menschen gerichtet, menschenfeindlich ist.

Es gibt also diesen religiösen Aspekt der Wüste, aber in diesem Teil der USA ist die Wüste auch ein Secret Space, ein geheimer Ort, ein Gebiet, das für militärische Zwecke genützt wird, und es gibt Gebiete, die abgeriegelt sind. Und an diesen Teil des Landes hat sich offensichtlich der Mythos der Ufos angehängt wegen seiner Verbindung von Religion und Raumfahrt. Die Ufo-Religion scheint eine der authentischsten kulturellen Ausprägungen Amerikas zu sein. Dazu erzähle ich Ihnen eine Geschichte: Ich habe jetzt eine Green Card, aber früher hatte ich ein Visum, dessen technischer Name „Alien of extraordinary ability“ („Alien mit außergewöhnlicher Fähigkeit“) war, das hauptsächlich Künstler und Wissenschaftler bekamen. Jedes Mal, wenn ich in die USA einreiste, musste ich also ein Gespräch mit dem Einwanderungsbeamten darüber führen, weshalb ich ein Visum hatte. Ich sagte: „Ich bin Autor.“ Er sagte: „Welche Art von Büchern schreiben Sie?“ Und ich geriet immer in Schwierigkeiten, wenn ich versuchte, meine Arbeit zu erklären. Diese Leute wurden sehr feindselig und standen der Idee des Berufs eines Schriftstellers ablehnend gegenüber. Eine Art Klassenelement spielte hinein, und es gab ein paar sehr schlimme Interaktionen. Es endete damit, dass ich mich in einem kleinen Raum wiederfand, in dem ich befragt wurde, und ich lernte auf die Frage, worüber ich schreibe, zu sagen: Ufos. Und sofort gab es jedes Mal eine wirklich positive Reaktion. Sie fragten: „Glauben Sie an Ufos?“ Ich sagte: „Ich weiß nicht.“ Und sie: „Haben Sie je eins gesehen?“ Und ich: „Ich weiß nicht, und Sie?“ Und jedes Mal hatte man ein kleines Gespräch über Ufos und es war sehr verbindend und sie fühlten sich sehr glücklich und sagten: Willkommen in Amerika! Durch diese spezielle Interaktion lernte ich eine Menge über Amerika. Der Ufo-Glaube ist etwas, das man bei den unterschiedlichsten Menschen antrifft.

Ist die Ufo-Mythologie eine Art Religion?

Eines der Dinge, die ich herausfand, als ich für „Götter ohne Menschen“ recherchierte und was ich absolut faszinierend fand, war, dass die erste Generation der Ufo Contactees, Ufo-Kontaktpersonen, wie sie sich nannten – Leute, die von Aliens kontaktiert wurden –, fast alle mit Spiritualismus und Philosophie befasst gewesen waren. Es gab diesen Pantheon in der Philosophie. Sie nannten sie die „Aufgestiegenen Meister“ – diese spirituellen Wesen, die da waren, um sich um die Erde zu kümmern, die für normale Menschen nicht sichtbar waren. Man musste ein spezielles Medium sein oder eine Art Eingeweihter oder ein weiser Mensch, um von ihnen zu wissen. In den ersten zehn, fünfzehn Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg schildern fast alle Begegnungen mit Aliens diese als menschenähnliche Wesen, die besonders in Sorge über einen Nuklearkrieg sind, dass die Menschheit fähig dazu ist, sich selbst durch einen Nuklearkrieg zu zerstören. Das kam ganz klar von dieser älteren religiösen Tradition einer Art von Erlösung oder einer Art Schutz durch eine Götterwelt – das ist eine polytheistische Vorstellung: Jesus ist da drinnen, aber auch Buddha und all diese anderen Figuren wie der Comte von St. Germain, Cagliostro und Leute des westlichen Okkultismus waren da vermischt drinnen. Und dann ab einem bestimmten Punkt in den späten Fünfzigern, frühen Sechzigern fingen die Menschen an, der Regierung zu misstrauen und sehr sorgenvolle Vorstellungen von Macht zu haben – und plötzlich ändert sich auch die Ufo-Mythologie. Und man bekam die „Greys“, wie sie genannt werden, den E.T.-Typ eines Aliens. Und diese Aliens haben eine viel neutralere oder vielleicht sogar feindliche Beziehung zu Menschen. Für die sind wir nichts anderes als Vieh. Und da bekam man dann die Leute, die sagten, dass sie entführt und an Bord eines Raumschiffs genommen worden waren und dass Experimente an ihnen vollführt worden waren, dass invasive, demütigende Prozeduren an ihnen durch die Aliens vorgenommen worden waren. Man sieht, wie sich die Mythologie mit der Zeit veränderte. In der Anfangszeit kamen die Aliens immer vom Planeten Venus. Als klar wurde, dass es auf Venus kein menschliches Leben geben kann, zogen sie weiter weg. Das vermischt sich also. Es ist flexibel genug, um ganz viele Gefühle der Menschen über die Welt zu integrieren, ganz viele Gefühle über das Unbekannte. Und das steht im Zentrum des Romans: Wie die unterschiedlichsten Menschen mit dem Unbekannten umgehen, es verstehen. Findet man es beängstigend? Findet man es aufregend? Gibt man ihm einen Namen? Nennt man es Gott? Nennt man es „die Aliens“? In der zentralen Beziehung des Buchs müssen Mann und Frau diesen schrecklichen Verlust bewältigen. Diese unbegreifliche Rückkehr, dieses scheinbare Wunder führt die Frau zu einer religiösen Sichtweise und den Mann zu dieser sehr gequälten, skeptischen Sicht. Ich bin kein religiöser Mensch, aber ich habe ein sehr tiefes Gefühl des Staunens über das Universum. Und wie man es benennt und wie man es erklärt, führt einen in die unterschiedlichsten Kulturen und an die unterschiedlichsten Orte. Alle diese Fragen durchdringen das Buch und machten es zu so einem umfangreichen Buch. Es brachte mich dazu, so viele verschiedene Geschichten aneinanderzufügen, weil ich alle diese verschiedenen Leute brauchte, die in die Wüste gehen und ihre unterschiedlichen Erfahrungen machen.

Die Mojave-Wüste im Westen Nordamerikas ist Schauplatz von „Götter ohne Menschen“ (Foto: Steve Harvey)

Die Religion hat, zumindest im Westen, ausgedient. Aber die Menschen suchen verzweifelt nach Antworten, nach Sinn. Müssen wir damit leben, nicht alles zu wissen, nicht alles rational erklären zu können? Ist der Mensch in der Lage, die transzendentale Lücke seines Daseins auszuhalten? Müssen wir akzeptieren, dass wir nur wissen, dass wir nichts wissen?

Das hängt davon ab, ob man eine absolute Antwort braucht oder ob man mit provisorischen Antworten leben kann, mit Antworten, die gut genug sind für deine Zwecke, Absichten zu dem Zeitpunkt. Es ist sehr schwer, wenn man glaubt, einen endgültigen, eindeutigen Grund dafür haben zu müssen, in der Welt existieren zu können. Denn der steht uns nicht zur Verfügung, der ist für uns nicht erkennbar. Es hängt davon ab, ob man sich dafür entscheidet, dass die Dinge an sich, in sich, unbegreiflich sind oder ob man sich dafür entscheidet, dass sie potenziell begreifbar, erfassbar sind. Ob einen die Wissenschaft oder die Kontemplation dorthin bringt. Ich begann mich sehr für buddhistische Vorstellungen zu interessieren, denn erstens gibt es in dieser Tradition keinen Gott. Und zweitens ist es die Aufgabe des Buddhismus, Menschen dazu anzuleiten, sich von den „Anhaftungen“, Bindungen, zu lösen – ob positiv oder negativ –, dazu, zu erkennen, dass die Welt ist, wie sie ist, und dass man das nicht kontrollieren kann. Das ist eine faszinierend andere Sichtweise als die transzendentale Sicht des Christentums und vielleicht einiger New-Age-Religionen, die einer höheren Macht bedürfen, die der Welt Sinn gibt.

Ein anderer Gegensatz des Romans ist der zwischen Menschen, die diese Art transzendentales Gefühl über das Unbekannte haben und den Wunsch, es mit einer Art Antwort aufzufüllen, und der Figur des Tricksters. Der Roman beginnt mit Coyote, der Trickster-Figur der Ureinwohner. Der Trickster ist wirklich faszinierend. Der Trickster verbindet immer Dinge miteinander. Und manchmal sind das unerlaubte Dinge, die nicht in Kontakt miteinander kommen sollten. Der Trickster treibt immer seine Spielchen mit diesen Verbindungen und sorgt dafür, dass Dinge in der Welt passieren. Klassischerweise bringt der Trickster das Feuer. Das Feuer gehört den Göttern, und der Trickster bringt es den Menschen und überschreitet eine Grenze und bringt etwas in Kontakt mit etwas anderem. Ich mag den Trickster und ich mag die Idee einer chaotischen Verhandlung mit der Welt. Das ist ein Weg raus aus der Melancholie, die vielleicht dem Gefühl entspringt, dass es keine Antwort gibt oder dass das Leben sinnlos ist – diese existentielle Krise des Nachkriegseuropas. Man kann in der Welt sein und Vergnügen an der Komplexität und dem Chaos der Welt haben, ohne zu versuchen, es zu lösen.

Sie waren selbst mehrmals in der Wüste?

Natürlich, ja. Mein erstes Mal in der Mojave-Wüste war ein sehr angespannter Moment am 11. September. Ich steckte in Los Angeles fest. Ich sollte am nächsten Tag nach London fliegen, und natürlich wurden alle Flüge gestrichen. In Los Angeles zu sein, fühlte sich nicht gut an. Die Menschen hatten Angst und benahmen sich unberechenbar, und ich beschloss, in die Wüste zu fahren und darüber nachzudenken, was gerade passiert war. Und so landete ich in Death Valley, in dieser abgelegenen und rauen Landschaft, und fuhr ungefähr eine Woche lang allein an den verschiedenen Orten herum, hauptsächlich in Nevada. Ich geriet in sehr merkwürdige Interaktionen mit Leuten. Ich war in einem winzigen Ort in Nevada in einer Bar. Der Fernseher war an und der Mann neben mir erzählte mir alles über die Verschwörungstheorien über 9/11, an die er glaubte. Das war also eine Art Keim für den Roman. Aber viel später, als ich in die USA kam, um hier zu leben, war es ein großer Schock, in so einer geschäftigen Stadt wie New York zu sein. Ich wohnte in Manhattan. Und es tat sehr gut, New York zu verlassen und an einen Ort zu gehen, der so leer war. Ich hatte damals Schwierigkeiten mit dem Schreiben und machte mir große Sorgen. Ich hatte ein Stipendium von der New York Public Library und ich konnte das Buch nicht schreiben, über das wir uns verständigt hatten. Und so flüchtete ich in die Wüste, um mich zu finden oder einen neuen Weg zu finden. Und als ich dann „Götter ohne Menschen“ schrieb, unternahm ich viele Ausflüge dorthin, manchmal allein, manchmal mit verschiedenen Freunden. Üblicherweise nahm ich von Los Angeles, Las Vegas oder Salt Lake City ein Mietauto und fuhr in großen Kreisen herum. Meine Frau und ich fuhren einmal den ganzen Weg von Los Angeles nach New Mexico und dann nach Roswell, diesem berühmten Ort, an dem 1947 ein Ufo abgestürzt sein soll. Es ist Gegenstand vieler Verschwörungstheorien. Und so machte ich die Erfahrung, diesen Ort und diese Landschaft kennenzulernen, die ich für sehr leer hielt. Ich lernte allmählich, wie man sie ansieht, ich fand mehr über die Geologie heraus, ich fand mehr über die Geschichte dieser Gebiete heraus. Plötzlich realisiert man, dass man Grubenabbaustellen vor sich hat und man realisiert, dass es dort einen Silberminen-Kult gab. In der Frühphase des Silberabbaus gab es viel alchemistisches Denken um das Veredeln von Silber. Es war extrem faszinierend, in die Geschichte der spanischen Silberraffinerie einzutauchen usw. Man wird in die Magie und die mystischen Gefühle über Metall und den Mond und alle diese Vorstellungen verwickelt. Und dann gibt es noch eine andere, sehr amerikanische Tradition: die Mormonen. Ich besuchte einmal eine fundamentalistische Mormonengemeinschaft im südlichen Utah, in der ich wirklich nicht willkommen war. Es dauerte ein paar Stunden, und ich muss zugeben, dass die Tatsache, dass sie Steine auf mein Auto warfen, wohl bedeutete, dass ich gehen musste. Jetzt ist es schon mehrere Jahre her, dass ich in der Wüste war, und ich vermisse sie sehr. Ich denke viel daran. Ich habe kleine Kinder und sie sind noch nicht alt genug, um eine lange Reise auszuhalten. Aber sobald sie das tun, werden sie definitiv zusammengepackt und in die Wildnis mitgenommen. In zwei, drei Jahren dürfen sie das machen.

Waren Sie als Kind von Ufos fasziniert?

Ich war fasziniert von Science-Fiction. Ich glaubte nicht, dass etwas vom Himmel herabkommt. Aber meine Vorstellung, meine Fantasie war von Science-Fiction-Büchern besiedelt. Es gab einen endlosen Vorrat an alten Science-Fiction-Büchern. Mein Vater ist Arzt, und das Spital sammelte unter anderem durch Bücherverkäufe Geld. Es war gut für ihn, wenn gesehen wurde, dass er ein bisschen Geld dafür ausgab. Und so gab er mir Geld und ich setzte es in kistenweise Science-Fiction-Bücher aus den Fünfzigern und Sechzigern um. Für Jahre war das alles, was ich als Teenager las. Jetzt lese ich relativ wenig davon, weil ich – sagen wir einmal – andere ästhetische Verpflichtungen habe. Aber es ist lustig, einige davon als Erwachsener wieder zu lesen und festzustellen, dass sie schlecht geschrieben sind oder was auch immer. Aber einige beeindrucken mich immer noch. Zu Ehren meines dreizehn Jahre alten Selbsts sage ich immer Positives über Science-Fiction.

Das im Buch geschilderte Software-Trading-Programm heißt „Walter“ nach Walter Benjamin? Wie kommt das?

Ja. Nun, ich dachte an die Tradition, in die Benjamin und sein Freund, der Religionshistoriker und Mystiker Gershom Scholem, involviert waren. Es geht dabei um die Suche nach Fragmenten der ursprünglichen Ganzheit der Welt, die mit dem Sündenfall zerstört wurde. In der jüdischen mystischen Tradition ist es die Aufgabe des Erkenntnis-Suchenden, diese Bruchstücke zu finden – diese winzigen verborgenen Teile der Wahrheit in allen Arten von Trümmern der Welt –, um die Ganzheit wiederherzustellen, die einmal war. Das berührte mich sehr. Ich interessierte mich generell immer für Walter Benjamin. Seine Geschichte berührt mich in vielfacher Hinsicht: die traurige Geschichte, als er versuchte, seine Bücher auf der Flucht vor den Nazis über die Berge zu bekommen, als er versuchte, nach Spanien zu gehen. Aber ein anderer Teil kommt auch von der Zeit, die ich in Wien verbrachte, als ich in meinen Zwanzigern war. Einmal ging ich auf den Zentralfriedhof und fand den alten jüdischen Friedhof dort und bemerkte, wie überwuchert er war, und ich verstand, dass diese Gemeinschaft ausgelöscht war, dass niemand mehr da war, der die Gräber pflegte. Wien schien mir immer eine Stadt zu sein, in der die Vergangenheit sehr nah an der Gegenwart ist. Man kann im Kaffeehaus sitzen, seinen Großen Braunen trinken, seine Zeitungen auf den hölzernen Zeitungshaltern lesen und sich fühlen, als wäre es 1925. Im Roman habe ich die Figur des Traders Bachman, der sich für die Wiener Sezession interessiert und für diese bürgerliche Kunst und Kultur, die von der Ankunft der Nazis zerstört wurde. Bachmans Jüdischsein ist Teil dieser Tradition, aber auch sein Softwareprogramm, das durch alle diese Informationen jagt und durch alle diese scheinbar sinnlosen Statistiken, um aus ihnen irgendeine Art von Sinn zu ziehen. Natürlich bedeutet „Sinn“ Bachmans Ansicht nach etwas, woraus er Profit schlagen und womit er Geld machen kann. Aber zugleich sieht er es auch als diese mystische Sache, eine Art Verstehen der Verbindungen in der Welt. Ein Verstehen der Wege, wie die zerbrochene Welt wieder zusammengesetzt werden kann. Es erscheint zunächst unwahrscheinlich, dass High Frequency Trading, Algorithmen Orte von jemandes Spiritualität sein können. Aber das entstand aus all dem. Diese merkwürdige Konstellation der Gedanken.

Jaz im Buch sagt sich zunächst von seiner Familie los. Aber spätestens nach der Geburt seines Kindes merkt er, wie sehr ihn seine Wurzeln prägen. Er ist hin- und hergerissen. Ihr Vater ist Inder, Ihre Mutter Engländerin. Sie wurden in London geboren. Können Sie Jaz’ kulturelle Zerrissenheit nachvollziehen?

Ich wollte eine Geschichte schreiben über diesen traumatischen Sprung nach oben im Klassensystem und darüber, was Jaz verloren und was er auch gewonnen hat. Er ist jemand, der in mancher Hinsicht sehr zornig ist und er musste in manchem der konservativen Kultur, aus der er stammt, entkommen. Aber gleichzeitig entdeckte er, dass er sich von seiner Familie entfremdete. Die Risse zwischen ihm und seiner Frau werden offensichtlicher, als dieser schreckliche Verlust passiert. Aber da ist auch dieser klassische Immigrantenweg in die Assimilation und die Schuld darüber, gewisse Dinge nicht weiterzugeben, nicht zu überliefern. Das ist nicht so sehr meine Geschichte, denn ich bin eine Generation danach. Mein Vater kam in den Sechzigern von Indien nach England. Er kam aus keinem Arbeiterhintergrund. Er war ein qualifizierter Arzt und seine Familie war relativ wohlhabend und etabliert. Sie lebten in London. Er und meine Mutter bauten sich ein gemeinsames Leben auf – trotz des Missfallens auf beiden Seiten der Familie und, allgemeiner gesprochen, in der Gesellschaft. Ich habe eine etwas andere Geschichte als Jaz. Ich komme nicht aus einer konservativen Immigrantengemeinschaft. Aber gleichzeitig war ich mir dieser Pole in verschiedene Richtungen sehr bewusst. Besonders junge Männer lassen ihre Frustrationen und ihre Gefühle der Dislokation an ihren Partnerinnen aus. Es gibt diesen Zorn, den Jaz hat, für den er kein wirkliches Ventil hat, und der ihn dazu bringt, sich schlecht zu benehmen. Aber gleichzeitig empfinde ich auch Sympathie dafür.

Haben Sie diese Kluft zwischen den Traditionen, Kulturen, diese Gegensätzlichkeit als Kind gespürt? Denn in der eigenen Familie spürt man ja wahrscheinlich keine Kluft, man empfindet es ja als normal, wie man lebt, nehme ich an?

Ja, in meinem Haushalt gab es keine Kluft. Mein Leben war, was es war, und wie Sie richtig sagen, nehmen Kinder an, dass das, was ihre Version von normal ist, für jeden normal ist. Aber außerhalb von zuhause war es eine Zeitlang schwierig. Die Gegend, in der wir in London lebten – es waren die Achtziger –, war überwiegend weiß. Es gab wenige andere Leute, die wie ich aussahen. Es machte mir deutlich bewusst, dass ich ein Immigrant war – obwohl ich keiner war. Rassismus war zu dieser Zeit und an diesem Ort sehr verbreitet. Ich wuchs ganz bestimmt mit einer Art Zorn darüber auf, wie ich behandelt wurde, und ich wandelte das, wie es viele tun, in einen Spurt um, einen Antrieb, dass ich tatsächlich besser war: den Leuten, die glaubten, ich sei weniger wert als sie, zu zeigen, dass ich tatsächlich der bessere Mensch war als sie. Es hat gute und schlechte Seiten. Und als Erwachsener ging es mehr darum, jene Politik zu unterstützen, die versteht, dass man ein vollbeteiligtes Mitglied der Gesellschaft sein und trotzdem eine Geschichte haben kann, die Immigration inkludiert. Das ist gerade jetzt wichtig für die Europäer: Sich zu erinnern, dass es eine Menge Leute wie mich gibt. Ich bin sehr stark durch die britische Kultur, die englische Sprache geformt, durch die Romane, alles, und dennoch bin ich auch stolz auf diesen anderen Teil meines Erbes. Aber es gibt keinen Loyalitätskonflikt. Nichts macht jemanden zu einem besseren oder schlechteren Menschen, weil seine Eltern oder Urgroßeltern Bauern an einem bestimmten Ort waren. Wenn also alle diese Narrative über Inländer und Migranten von Politikern dazu benutzt werden, um bestimmte Menschen auszugrenzen und zu verurteilen, dann sind soziale Versäumnisse, das Versagen der Gesellschaft dafür verantwortlich zu machen. Und es ist sehr wichtig, dagegen Stellung zu beziehen. Ich habe meine eigenen Fragen über Zugehörigkeit vor langer Zeit gelöst, aber ich habe das Gefühl, dass ich weiter darüber reden und schreiben muss, um anderen Menschen, vor allem jüngeren, mit diesen Fragen zu helfen.

Sie haben Rassismus erfahren?

Natürlich, ja. Im Kleinen und im Großen. Es gab gewalttätige Zwischenfälle. Ich erinnere mich daran, einmal von Skinheads gejagt worden zu sein. Aber die viel tiefer gehende Erfahrung war dieser tägliche Rassismus, besonders von Leuten in Autoritätspositionen, zum Beispiel von Lehrern oder anderen Leuten, die Witze machten oder Bemerkungen, und das erinnert einen im Kleinen daran. Und das ist erniedrigend. Jeder gegebene Vorfall ist für sich klein. Aber wenn es Tag für Tag passiert und von einem erwartet wird, dass man mitlacht oder dazugehört und man mitmachen muss, dann fühlt man sich ein bisschen von sich selbst angewidert, dass man nicht dagegen Stellung bezogen hat. Diese Vorfälle bleiben mir in Erinnerung. Und wenn es jetzt diese Diskussionen darüber gibt, dass man zu empfindlich ist und die anderen keine Witze mehr machen dürfen und ihre Freiheit des Wortes nicht haben dürfen, dann möchte ich die Leute daran erinnern, dass es genau diese tröpfchenweise kleinen Witze sind, die junge Menschen von den Orten, an denen sie aufwachsen, entfremden. Und mein Fall ist ziemlich lange her, wir sind nicht mehr in der Welt der Achtziger. Aber zugleich sind diese Kräfte immer in der Gesellschaft wirksam.

Fühlen Sie sich der Heimat Ihres Vaters, Ihren Verwandten in Indien verbunden?

Ja, absolut. Mein Vater war der Einzige, der weggegangen ist. Er hat zwei Schwestern, beide haben Kinder. Einige meiner Cousins sind in Indien, einige sind hier in der USA.

Was bedeutet Heimat, Identität für Sie?

Nun, ich muss sagen, in den letzten Jahren ist das wieder eine schwierige Frage geworden, denn ich war generell besorgt, wo meine Familie sicher sein würde. Ich fand die Brexit-Debatte sehr verstörend, traurig, denn es schien viel Fremdenfeindlichkeit zu erzeugen. Die Idee eines Europas war eine der großen politischen Errungenschaften der Nachkriegszeit. Es ist wirklich beschämend für mich zu sehen, wie wenig die Briten emotional die Errungenschaft eines friedlichen Europas zu verstehen scheinen. Und dass sie nicht zu verstehen scheinen, wie schrecklich es war, als das nicht existierte. Aber ich lebe seit zwölf Jahren in den USA. Ich habe zwei amerikanische Kinder und eine amerikanische Frau. Aber meine Frau – sie ist auch Schriftstellerin – ist japanisch-amerikanisch. Und das heißt, dass sie eine Menge über die Grenzen für nicht weiße Amerikaner versteht. Sie kommt nicht aus einer Familie, die die Erfahrung der Internierung während des Zweiten Weltkriegs machte, weil ihre Eltern später immigrierten. Aber japanischstämmige Amerikaner wissen es. Sie können sich daran erinnern, wie man ihnen alle Rechte genommen, ihr Eigentum gestohlen und sie in Camps interniert hat. Und so waren wir sehr nervös, als Trump am Horizont aufzutauchen begann. Wir sind immer noch nervös. Ich weiß nicht, was wir machen werden, wenn er die Wahl nochmals gewinnt. Aber wir scheinen im Moment nicht so viele Möglichkeiten zu haben. Wir haben einmal überlegt, nach Berlin zu übersiedeln, aber wir konnten keine Lösung dafür finden, wie wir leben würden und wie wir unsere Englisch sprechenden Kinder dort ausbilden lassen würden. Und so sind Zuhause und Zugehörigkeit für uns gerade ziemlich komplizierte Fragen. Wir haben uns hier ein Zuhause geschaffen und haben hier ein Netzwerk von Leuten, die wir lieben, und eine Kultur hier, in die wir tief eingedrungen sind, und das ist sehr bereichernd für uns. Die kulturelle Welt in New York ist wunderbar. Und ich habe viele großartige Freunde und Kollegen. Aber wenn ich ein bisschen aus dieser kleinen Blase hinaussehe, bin ich sehr nervös, was dieses Land angeht.

Zumindest ist New York ja nicht Amerika.

Ja, ich habe früher immer gescherzt, dass ich, wenn New York eine Nation wird, sofort Staatsbürger von New York werde. Aber ich habe meinen Antrag auf US-Staatsbürgerschaft gestellt. Ich denke, dass meine Familie ihre beste Zukunft hier hat, zumindest in den nächsten Jahren. Schauen wir, wie schlimm die Dinge werden.

Der amerikanische Mythos ist auf der gewaltvollen Inbesitznahme des Landes und der Ausrottung der Ureinwohner und den Verbrechen der Sklaverei errichtet. Obwohl Amerika das Einwanderungsland schlechthin ist, verfolgt Trump eine rigorose und harsche Immigrationspolitik.

Ja, aber es gibt mehr als eine Geschichte hier. Die Tatsache, dass die Nativisten-Trump-Geschichte hier im Moment sehr laut erzählt wird, bedeutet nicht, dass die das Eigentumsrecht über die Vorstellung, wie Amerika zu sein hat, haben (der Nativismus ist eine nationalistische Bewegung, die sich gegen Zuwanderung und Migration richtet, Anm. d. Red.). Es macht mir Mut, dass vor allem viele junge Menschen unterschiedliche Wege finden, Amerikaner zu sein. Ich glaube, dass es möglich ist, dass wir vielleicht aus dieser ziemlich dunklen Periode mit einer Entschlossenheit herauskommen, einige der besseren Teile der amerikanischen Geschichte zu ehren.

Was kann man tun gegen Rassismus, Xenophobie? Wie können wir Empathie statt Fremdenfeindlichkeit fördern?

Ich glaube, das muss auf eine sehr praktische Art und auf eine sehr konkrete Weise gemacht werden. Viele Menschen glauben nicht an Lippenbekenntnisse. An eine Art von liberalen Politiker, der sagt, wir sitzen alle im selben Boot, wir stehen das zusammen durch, der aber dann eine Wirtschaftspolitik erlässt, die den Arbeitern eindeutig nicht hilft. Und diese Art von Heuchelei ist Teil des Problems. Und das treibt jüngere Leute, die nicht am Wohlstand teilhaben und keine Hoffnung für die Zukunft sehen, nach links oder nach rechts. Und es ist sehr einfach für skrupellose Politiker, zu behaupten, dass der Grund dafür, dass man keinen Job hat, der ist, dass dieser Immigrant einem den Job weggenommen hat. Oder dass der Grund dafür, dass man sich in seiner Stadt nicht zuhause fühlt, der ist, dass um die Ecke ein Kebab-Geschäft ist und es einige Leute gibt, die in einer Moschee beten. Es ist sehr leicht und billig zu sagen, dass man zu allen höflich sein muss, die richtigen Wörter verwenden und jedem Respekt erweisen muss. Aber das Schwierige ist, jedem seinen Anteil an der Gemeinschaft zu geben, jeden an der Gesellschaft teilhaben zu lassen. Die Antwort auf Fremdenfeindlichkeit ist es nicht, die Sprache der Leute zu überwachen oder Immigranten nur mit Worten zu verteidigen, indem man einfach nur sagt: Diversität ist Stärke. Man muss soziale Solidarität herbeiführen, indem man einen Teil des Reichtums umverteilt. Das ist schwer und unpopulär. Die Rechten haben das Gefühl, dass sie das Geld verdient haben und sie wollen es nicht teilen. Aber das ist die einzige Lösung. Das Coronavirus zeigt uns, dass wir alle miteinander verbunden sind und es zeigt uns auch, dass viele Menschen, die die Gesellschaft am Laufen erhalten, Leute sind, die niedrig entlohnt und in politischen Konversationen oft ignoriert werden. Wenn es in all dem Hoffnung gibt, dann ist es die Politik, die Gemeinschaft schafft, die wirklich in der Welt konkrete Schritte setzt, um soziale Solidarität zu fördern. Denn wenn sie das nicht tut, dann werden Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus und Rechtsextremismus gewinnen.

Was erhoffen Sie sich von der US-Wahl?

Ich glaube nicht, dass Joe Biden die Lösung für alles ist. Ich habe noch kein Stimmrecht, weil ich kein amerikanischer Staatsbürger bin. Aber natürlich hoffe ich, dass es einen demokratischen Sieg geben wird und das korrupte Trump-Regime fallen wird. Und das wäre erst der Beginn dessen, was hier passieren müsste, um eine bessere Version dieses Landes zu erschaffen.

Ihr Buch übt auch harte Medienkritik. Der im Roman geschilderte Fall des verschwundenen Kindes erinnert an den Fall des vermissten Mädchens Madeleine McCann: Jaz und Lisa erleben einen ähnlichen medialen Schauprozess wie ihn die Eltern des entführten Mädchens durchmachen mussten. Wie steht es heute um den Journalismus? Hat sich irgendetwas zum Besseren hin verändert?

Im Gegenteil, die Medienlandschaft wird immer schlimmer, weil die alten Zeitungen von Facebook und Google aufgegessen werden – die Werbeeinnahmen, die Anzeigeneinnahmen gehen dorthin. Und Facebook und Google haben keine Verpflichtung den alten journalistischen Werten von Wahrheit und Fairness gegenüber. Es geht nicht nur darum, dass man sich wegen der Raubtier-Boulevardkultur Sorgen machen muss, die natürlich in Großbritannien besonders schlimm ist. Man muss schon sagen, dass die britische Boulevardkultur sehr toxisch ist. Aber wir leben in einem Moment der Verschwörungstheorien, wo es sehr schwer für die Menschen ist, gute Informationsquellen von schlechten zu unterscheiden. Vor kurzem zündeten in Großbritannien Leute 5G-Handymasten an, weil sie glaubten, dass der Mobilfunkstandard Corona auslösen würde, dass es etwas mit der Strahlung der Handymasten zu tun hätte. Diese Art viraler schlimmer Ideen ist genauso eine Bedrohung wie alles andere.

Was macht Ihnen Hoffnung? Vielleicht die vielen jungen Menschen, die im Vorjahr für den Umweltschutz auf die Straße gingen, die sich (nach der eher unpolitischen Ära der Neunziger) wieder politisch engagieren?

Ja, diese Ernsthaftigkeit der jungen Menschen, die versuchen, die Dinge zu machen, die unsere Generation nicht in der Lage war, zu ändern, lässt hoffen. Ich bin 1969 geboren und ich war mir des Klimawandels bewusst, aber es schien unmöglich zu sein, etwas daran zu ändern. Ja, ich stimme mit Ihnen überein. Für die jüngere Generation ist das existenziell: Das ist der Unterschied zwischen überleben und nicht überleben. Und sie nehmen das auf sich mit einer Ernsthaftigkeit, die sicher in den Neunzigern nicht da war. In unseren Zwanzigern hatten wir diesen glücklichen Moment, es schien sehr hoffnungsvoll, die Mauer war gefallen. In der Politik würde es plötzlich nur um Optimierung gehen. Im besten Fall würde die Politik aus der Politik genommen werden. Das war die Hoffnung vieler Menschen. Nun wurden wir natürlich brutal auf den Boden zurückgeholt. Die Neunziger scheinen sehr weit weg zu sein. Aber wir müssen Hoffnung haben. Wir steuern auf eine dunkle Periode in der Geschichte zu, aber wir müssen Hoffnung finden und wir müssen den Raum nicht den zynischsten unserer „Führer“ überlassen.

Sie haben Wien oft besucht?

Ja. Die Freundin, die ich in Wien hatte, war DJ. Daher hing ich in den Neunzigern in der Wiener House-Musik-Szene herum. Patrick Pulsinger von „Cheap Records“ und seine Gang – das waren die Leute, die ich in den Neunzigern besuchen kam und mit denen ich auf Partys ging. Und später gab es eine Netzkulturinstitution namens „Public Netbase“: Konrad Becker und Marie Ringler, die kulturelle Veranstaltungen rund um Technologie durchführten, und in einige von diesen war ich auch involviert. Einige Jahre lang besuchte ich Wien oft. Ich reiste nicht so viel im restlichen Österreich herum. Ich besuchte die Linzer Klangwolke und machte einige andere Besuche, aber der größte Teil meiner Österreich-Erfahrung spielte sich in Wien ab. Und Wien kommt eben auch im Roman vor.

Sie sind mit Daniel Kehlmann befreundet?

Ja, er lebt hier in New York mit seiner Familie. Er ist Teil einer kleinen Gruppe von Autoren, die ich regelmäßig sehe. Ich bin also bei kleinen Brunches in Daniels Haus und eine Gruppe von diesen Autoren kommt und wir tauschen uns über Bücher und Kunst aus, während die Kinder spielen.

Welche österreichischen Autorinnen und Autoren kennen, schätzen Sie noch?

Ich lehre meine Masterstudenten das Werk Elfriede Jelineks. Sie ist eine schwierige Autorin, aber eine überaus bereichernde, lohnende. Ich bewundere sie sehr. Ich bewundere Peter Handke in mancher Hinsicht und in anderer nicht. Sein Werk aus den Siebzigern, „Wunschloses Unglück“, ist wunderbar. Aber ich finde seine politischen Ansichten tadelnswert. Thomas Bernhard ist für so viele Schriftsteller wichtig. Die österreichische Literatur ist wichtig für mich: Ingeborg Bachmann, Paul Celan – die Nachkriegsautoren haben mich auch berührt. Ich würde nicht sagen, dass ich so viel von österreichischer Literatur verstehe, aber ich bewundere viele Autoren. Auch in der Kunst: die Wiener Aktionisten und VALIE EXPORT. Sie ist sehr interessant.

Ihr nächster Roman „Red Pill“ erscheint im Herbst auf Englisch. Geht es um das: um das rechte Netzwerk, diese rechte Männerrechtsbewegung im Internet?

Ja, genau. Das ist sozusagen die Resonanz dieser Phrase. Es ist ein Buch, das zum Teil in Berlin spielt. Es geht um einen Schriftsteller, der aufgrund eines Stipendiums nach Berlin kommt, um über Lyrik zu schreiben. Und dann kann er nicht schreiben. Er hat dieses Gefühl der Bedrohung, was die Zukunft betrifft, und er wird abgelenkt, indem er eine sehr nihilistische, gewalttätige amerikanische Polizeiserie auf einem Streaming Service anschaut. Und er wird besessen von dem Weltbild dieser Sendung. Es handelt viel von Berlin und von der Vergangenheit Berlins, besonders der Stasi und der DDR, und es geht auch viel um Heinrich von Kleist. Es spielt in Wannsee, wo Kleist und Henriette Vogel Selbstmord begangen haben. Kleist wird die andere Figur in der mentalen Landschaft des Schriftstellers.

Die rechten Strömungen im Netz sind eine große Gefahr und haben indirekt zu mehreren Terroranschlägen geführt. Ist es wichtig, sich mit diesen rechten Strömungen im Internet auszukennen, um dagegen steuern zu können?

Ja, sehr. Es ist sehr wichtig, es zu verstehen und dagegen zu argumentieren. Ich war sehr früh im Internet, von den frühen Neunzigern an, und ich beobachtete, wie das wuchs. Ich verbrachte tatsächlich viel Zeit im rechtsextremen Internet. Ich verbrachte tatsächlich viel Zeit damit, deren Material zu lesen und versuchte, besonders die intellektuelleren Strömungen der extremen Rechten zu verstehen. Ich glaube, es ist wichtig, zu überwachen, was dort vor sich geht, zu kontrollieren, was sie denken und worüber sie sprechen.

Hari Kunzru wurde 1969 in London als Sohn einer Engländerin und eines Inders geboren. Er studierte Philosophie und Literatur und schreibt regelmäßig u. a. für den „Guardian“ und den „Economist“. Sein Debüt „Die Wandlungen des Pran Nath“ (2002) wurde mit dem Somerset Maugham Award ausgezeichnet. Es folgten die Romane „Grayday“ („Transmission“) über einen Computervirus, „Revolution“ über einen ehemaligen britischen militanten Linken, der nach 30 Jahren von seiner radikalen Vergangenheit eingeholt wird, sowie „White Tears“. Kunzru lebt mit seiner Familie in New York.


„Götter ohne Menschen“ (Liebeskind),
Übers. v. Nicolai von Schweder-Schreiner, 416 S.

„White Tears“ (Liebeskind),
Übers. v. Nicolai von Schweder-Schreiner, 352 S.