Lesen Sie Gedichte, vom Spiel mit der Sprache, von der Königin der Poesie! Für sich oder für Ihre Nächsten, am Fenster oder vom Balkon. Aber lesen Sie!, besonders in Zeiten wie diesen. (Foto: CC-BY-SA-4.0 George E. Koronaios)


„dieses Land liegt auf keiner Karte verzeichnet. wer es betritt, betritt Wörter und Sätze …“ – ein schöner Satz, und doch ganz im Sinn unserer langsam gewordenen Zeit. Übrigens ein Satz aus einem Gedicht. Es stammt vom Salzburger Schriftsteller Christoph Janacs und seinem Band „im Zweistromland“. Damit meint er nicht das Land zwischen Euphrat und Tigris, sondern jenes zwischen Donau und Moldau in Oberösterreich. Etwas Kontemplatives also, etwas zum Runterkommen, zum Innehalten, zum Entspannen auch.

Ganz außergewöhnlich, aber leider schwer zu bekommen (mein Tipp: wenden Sie sich direkt an den Verlag) ist ein Band, der 2014 zum Geburtstag der großen Dichterin und „Königin der Poesie“ Friederike Mayröcker entstanden ist. Die wurde damals neunzig Jahre jung und bekam von vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen das Buch gewidmet, „HAB DEN DER DIE DAS“ ist der Titel. Darin die unterschiedlichsten Texte zu und über die Dichterin; und damit können Sie lesen, schmökern, weiterblättern und hängenbleiben. Denn was da alles herauskommt, ist ein quirliges Sammelsurium und ein witziges dazu.

Lassen Sie mich – als weiteres gutes Beispiel – Poesie und Übersetzung aus einem vielsprachigen Labor hernehmen. Was vordergründig hölzern klingen mag, stellt sich nämlich als Anthologie von besonderer Art und Weise heraus: Versuchen Sie, jene 55 Autorinnen und Autoren zu lesen, die folgendes Experiment wagten: Sie übersetzten, besser: übertrugen sieben Ausgangsgedichte in einer Art erweitertem Kettengedicht. Und das alles in 15 Sprachen! Mit dabei ist Standarddeutsch ebenso wie Pustertaler Dialekt, Meraner Dialekt und Ahrntaler Dialekt, dazu Ladinisch aus dem Fassatal und aus dem Grödnertal, Italienisch und Englisch, Französisch und Finnisch, und (Sie werden’s wahrscheinlich nicht lesen können, trotzdem:) Kurdisch, Arabisch, Chinesisch. Eine faszinierende Mehrsprachigkeit aus einem Labor der Poesie – Südtirol! Eine multilinguale Gesellschaft kommt da zusammen und „spricht“ miteinander und zu uns, und alles zusammen heißt bezeichnenderweise „Lyrischer Wille“.

Ach ja: Wer es besonders ausgezeichnet möchte, einen Nobelpreisträger etwa, dem kann ich zum krönenden Abschluss jene Gedichte aus den Jahren 1965 bis 2006 empfehlen, die Michael Krüger, unter anderem langjähriger Verleger bei Hanser, zusammen mit dem 1995 bepriesenen Autor Seamus Heaney zusammengestellt hat – und das feinerweise zweisprachig. „Die Amsel von Glanmore“ heißt das rundum volle (über 400 Seiten) und rundum tolle Buch. Krüger war mit Heaney befreundet, und schlug ihm einstmals vor, hundert Gedichte auszugraben und diesen wohlfeilen Band zusammenzustellen. Und das um läppische 17 Euro. Rundum gelungen.

Foto: Aetna Flue pattern of American Radiators, 1905

PS: Wußten Sie, dass am vergangenen Samstag (wie immer am 21. März) der Tag der Poesie gefeiert wurde? Ein Datum, das ganz im Zeichen der Lyrik steht, denn es wird ihr Welttag gefeiert. Der World Poetry Day wurde von der UNESCO ins Leben gerufen und findet seit 2000 jährlich statt. Lokale in der ganzen Welt haben dazu auch die Aktion „Pay With A Poem“ ins Leben gerufen, Menschen können dann ihren Kaffee und andere Getränke mit einem Gedicht bezahlen. Es lebe die Inspiration!

Ganz besondere Lyriktipps:

Christoph Janacs, „im Zweistromland“ (Edition Tandem)
Mit Illustrationen von Christian Thanhäuser.

„Lyrischer Wille“ (Folio Verlag)
Hg. Matthias Vieider und Arno Dejaco

„HAB DEN DER DIE DAS“ (Edition Artscience)
Friederike Mayröcker zum 90. Geburtstag. Hg. Erika Kronabitter.

Seamus Heaney, „Die Amsel von Glanmore. Gedichte 1965-2006“ (Fischer Taschenbuch Verlag)
Hg. Michael Krüger.