Eine Werkedition: Szenen oberflächlich heiler Welten werden bei Michael Sowa »Fragile Idyllen«, die jeder Konvention spotten. Foto: Steffi Gritz
Oft verwendet Michael Sowa, geboren in Berlin 1945, der Romantik entlehnte kontemplative Sujets. Seine Gemälde sind u. a. von Caspar David Friedrich inspiriert, zumal die Naturkulissen in Farben und Konturen stets intakt, ja geradezu überkorrekt dargestellt sind. Etwa im Bild »Die Lockente«, gigantisch auf einem kleinen Teich in saftig-grüner Waldlichtung schwimmend, während der Jäger ungläubig im Gebüsch kaum wahrnehmbar ist. Solche Verschiebungen der Proportionen prägen nicht nur eine visuell-herausfordernde Sinnlichkeit, sondern fordern auch den analytischen Verstand. Wegen der Miniformate seiner Bilder braucht man Scharfsicht und Scharfsinn, um den Plot zu erkennen. Das sind groteske Ruhestörungen gedankenloser Gewohnheiten und zementierter Gefühle, die gerahmten Schein gesellschaftlicher Ordnung zeigen, während im Detail die Hölle sichtbar wird. So werden absurdes »Ententurnen« wie eine Vignette im Goldrahmen und das Mikro-»Suppenschwein« auf riesigem Teller präsentiert. Ergo: Im Œvre dominiert »kunsthistorische Doppelbödigkeit, die ganz anders mit Fragen von Technik und Manier umgeht, als unsere Kunstschulweisheit sich sowas träumen lässt. Große Kunst – minimonumental. Michael Sowa ist ein »Virtuose des Winzigen«, meint Andreas Platthaus in seinem kundigen Essay zu dieser exquisiten Werkedition, die um eine Auswahl politischer Plakate und Parolen, Buch-Illustrationen sowie Arbeiten für Film, Oper, Theater und Werbung ergänzt ist. Hier ist ein um Originalität nie verlegener Künstler zu entdecken.
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Michael Sowa
Fragile Idyllen
Kunstmann, 328 S.