Die Geschichte einer zerrissenen Familie, die vier Generationen zwischen Deutschland, Österreich und Russland umfasst, steht im Zentrum des schmalen, aber gewichtigen Romans von Ljuba Arnautović.


Das ehemalige »Schutzbundkind« Karl kehrt nach zwölf Jahren im Gulag mit Anfang dreißig in seine Heimat Österreich zurück – mit seiner ersten Frau, der Russin Nina, und seinen zwei Töchtern. Doch der von seinen Landleuten misstrauisch Beäugte ist getrieben von der Sehnsucht nach Anerkennung. Bald schon zwingt er Nina zur Scheidung, um sich einer besseren Partie zuzuwenden – ein Muster, das er im Zuge seines Aufstiegs mehrmals wiederholen wird. Zerrieben werden dabei die Frauen an seiner Seite und seine ältesten Töchter Ljuba und Larissa, die in ihren ersten Lebensjahren zwischen Russland, Wien und München verschoben werden und sich stets an neue Bezugspersonen gewöhnen müssen. Schließlich werden die eng verbundenen Kinder getrennt: Eine wächst in München, die andere in Wien auf.

Es sind Lebenswege des ewigen Dazwischens, denen Ljuba Arnautović in glasklarer, distanzierter, aber dennoch mitfühlender Sprache folgt. In der hoch literarischen Verdichtung von historischen Umwälzungen und menschlichen Schicksalen liegt eine unbändige erzählerische Kraft, die ihre Protagonist/innen in ihrer Gänze erfasst, aber niemals ausstellt. Ein faszinierendes, essenzielles Leseerlebnis dieses Bücherherbsts.

Ljuba Arnautović
Erste Töchter
Zsolnay, 160 S.