Martin Suter und Benjamin von Stuckrad-Barre nehmen das Gespräch wieder auf: »Kein Grund, gleich so rumzuschreien«. Fotos: Joël Hunn, Maurice Haas.
Wenn sich Martin Suter und Benjamin von Stuckrad-Barre an einen Tisch setzen, ist das Ergebnis immer ein literarisches Vier-Hauben-Menü. Eine Kostprobe gaben sie schon in ihrem 2020 erschienenen, witzig-fulminanten Buch »Alle sind so ernst geworden«. Nun also gibt es »keinen Grund, gleich so rumzuschreien«.
Der Ernst ist diesmal mehr als nur Beilage. 2023 starb Martin Suters Frau, die Modedesignerin und Architektin Margrith Nay Suter. Der Tod von Stuckrad-Barres Vater, einem Pastor, hinterlässt Wunden und Fragen. Dem Leid mit lakonischem Humor zu begegnen, ist eine Spezialität der beiden und macht das Leben nicht unbedingt leichter, aber vielleicht ein wenig erträglicher. Und so mäandert das Gespräch zwischen Rasenmährobotern, letzten Zigaretten, Maßkrawatten, Elternschaft, Leben im Hotel, Trauern, Erinnern und Weiterleben. Nebensächliches wird genauso verhandelt wie Wesentliches. Die Zeit heilt »hoffentlich« nicht alle Wunden. Eine gute Sehkraft ist der Fantasie nicht zuträglich und viele Dinge haben wunderbarerweise keinen Sinn. Wie der junge Suter in Wien einmal des Hotels Sacher verwiesen wurde und warum der Alltag das beste Abenteuer ist. Über ungefärbte Haare im Alter, Piercings und eine Liebe, die über den Tod hinaus bleibt.
Ein unschlagbar schlagfertiges Duo: Fabulierfreudig und nonchalant geben die beiden Autoren Einblicke in ihre Leben, die unterschiedlicher nicht sein könnten und gerade deshalb eine gemeinsame Mitte finden. Launig, bewegend, komisch, mit feiner Ironie, großer Wärme und Tiefgang: »Kein Grund, gleich so rumzuschreien« ist ein berührendes Buch über (ihre) Freundschaft auch in ernsten Zeiten. Plaudern war nie unterhaltsamer.
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Martin Suter, Benjamin von Stuckrad-Barre
Kein Grund, gleich so rumzuschreien
Diogenes, 320 S.