Die besten Krimis für den Sommer 2024:
Lavie Tidhar
Maror
Ü: Conny Lösch
Suhrkamp, 639 S.
»Maror« ist ein knüppelharter neo-noir über Gier, Korruption, Geheimdienste. Foto: privat.
Bescheiden? Gar nicht. Denn »Maror« ist ein so imposanter wie superber Thriller, der ab 1972 35 Jahre abdeckt und nichts weniger als ein Land in Gänze schildert. Der in London lebende Israeli Lavie Tidhar, der sich international einen Namen machte mit Science-Fiction-Romanen, in denen er die Genregrenzen dehnte und streckte, legt mit »Maror« einen harten neo-noir vor, der nichts mit üblichen, untertourigen israelischen Kriminalromanen gemein hat. Es ist eine atemberaubende Epopöe, dunkel wie die Bücher James Ellroys, hart wie die Don Winslows, über Korruption, Brutalität, machiavellistisch-zynische Kollaboration von Halb- und Unterwelt, Geheimdiensten, Militär und Politik. So episch der Ansatz, so kaleidoskopisch schwindelig oszillierend ist die Rösselsprung-Dramaturgie, in der Chief Inspector Cohen, Leiter des Dezernats für Schwerverbrechen in Tel Aviv, eine zentrale Rolle spielt, gemeinsam mit Detective Avi Sagi, ein Polizistensohn. Zahlreiche Personen treten in diesem famosen grausig-grausigem Panoptikum auf, werden abgeräumt, töten Akteure, werden Bauernopfer. »Maror« weist ob des ungewöhnlichen Schauplatzes eine ganz eigene gallige Note auf und zeigt den Unterbauch Israels, von Gier über Verrat zu moralischer Verwilderung. Maror, das sind die bitteren Kräuter, Chicoree oder, noch beliebter, Meerrettich, die zum jüdischen Hochfest Pessach auf dem Sederteller gereicht werden. Einen treffenderen Titel hätte Tidhar nicht wählen können für dieses Gewalt-, Auslöschungs- und Egoismus-Monument.
Die besten Krimis für den Sommer 2024:
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