Für ihre Reihe bei Galiani Berlin hat sich die Illustratorin Kat Menschik einer neuen Herausforderung gestellt: Mark Beneckes Tiergeschichten der etwas anderen Art. Illustrationen: Kat Menschik.


Auf die Frage, ob es Geschichten gebe, die »unillustrierbar« sind, antwortet Kat Menschik kurz: »Nein.« Das hätte man sich auch denken können, wirft man einen Blick in ihr Programm der letzten Jahre. Auf der Liste ihrer jüngst illustrierten Bücher tummeln sich zum Beispiel ihre »Lieblingsbücher«, vorzugsweise Bücher der Moderne und Romantik wie Edgar Allan Poe, Franz Kafka oder E. T. A. Hoffmann. Als Illustratorin hat sie sich auch die düsteren nordischen Sagen von Tilman Spreckelsen vorgenommen, gezeichnet und geschrieben hat sie neben ihrem Kochbuch »Essen essen« – dem idealen Kochbuch für Kochmuffel – vor allem auch das aus einem Fortsetzungscomic in der FAZ hervorgegangene Gartenbuch »Der goldene Grubber«. Letzterer war 2014 ein großer Erfolg, quasi der Durchbruch. Ihren Anfang bildete während ihres Studiums 1997 ihr eigener Comic-Verlag, der Millionen-Verlag, mit dem sie jungen Comiczeichner/innen auf die Beine helfen wollte, heute zeichnet sie sogar für Haruki Murakami. Was jedenfalls dabei herauskommt, wenn Kat Menschik illustriert, sind wunderschön gestaltete, frech-bunte Bände, die der Fantasie beim Lesen und Schmökern praktisch zur Hand gehen und selbst bei gruseligen Geschichten noch den Schauer wohlig machen.

Ein ähnlicher Plan steckt wohl auch hinter dem neuesten Projekt. »Kat Menschik und des Diplom-Biologen Doctor Rerum Medicinalum Mark Beneckes illustrirtes Thierleben« lautet der Titel dieses geheimnisvoll anmutenden Buches. Und was steckt dahinter? »Der Titel ist gewissermaßen eine Hommage an alte Tierbücher«, erklärt Menschik und fügt hinzu, dass sich ihr Buch so rein gar nicht in eine eigene Kategorie pressen lässt. Man muss es schon gesehen haben, um es zumindest in die Kategorie der unkategorisierbaren Bücher einordnen zu können: In Kapiteln wie »Möpse«, »Wolfspudel« oder »Beschämte Hunde« plaudert der »Kriminalbiologe« Mark Benecke aus seinem tierischen Nähkästchen, und dieses ist ein wahrer Schatz. Anekdotisch aufbereitet erfahren eifrig blätternde Leser/innen, dass Hunde, wenn sie ihren berühmten Dackelblick aufsetzen, gar nicht wirklich beschämt sind, sondern bloß auf den menschlichen Vorwurf reagieren. Man liest erstaunt über nekrophile Enten,
schwule Pinguine und Geier und wird, sofern man für Tiere auch nur ein bisschen was übrig hat, emotional recht häufig abgeholt und auch mitgenommen. Kat Menschik etwa haben es die Oktopusse angetan: »Sie sind klug und können viel, besitzen neun Gehirne und ich plädiere sehr dafür, sie nicht zu essen!« Ihre vielfarbigen Zeichnungen, die sie mit Feder und Tusche erst auf Papier zeichnet und am Rechner dann koloriert, sorgen für Unterbrechungen der Tiergeschichten und laden zum Verweilen auf den freundlich gestalteten Seiten ein.

Doch wie ist die Idee zum »Thierleben« entstanden? Menschik kannte Dr. Mark Benecke – oder eigentlich dessen Stimme – ausgezeichnet, immerhin läuft seine Radiokolumne auf radioeins bereits seit zwanzig Jahren. Dort unterhält er mit seinem populärwissenschaftlichen Podcast über die absurdesten Erkenntnisse ganz Berlin. Als Kat Menschik den »bekanntesten Kriminalbiologen der Welt« für ihre Buchidee gewinnen wollte, sagte dieser ohne Umschweife zu. Die tatsächliche Umsetzung ließ sich allerdings noch etwas Zeit: »Es dauerte vier Jahre, bis wir beginnen konnten, weil wir beide sehr beschäftigt sind.«

Das Fazit: Ganz egal, wie lange die Idee reifen musste, die Wartezeit hat sich gelohnt. Auch lernt man einiges bei der Lektüre: Zumindest werde ich, wie Kat Menschik und Mark Benecke, wohl nie wieder Oktopus essen.

Beitrag zuerst erschienen in Buchkultur 193, Dezember 2020.

Kat Menschik, Mark Benecke
„Kat Menschik und des Diplom-Biologen Doctor Rerum Medicinalum Mark Beneckes illustrirtes Thierleben“ (Galiani), 160 S.