Die österreichische Buchbranche steckt mitten in einem harten Jahr. aber sie kann auf das Lesen, die Literatur und ein neues Gemeinschaftsgefühl bauen. (Illustration: Jorghi Poll).


Eine Welle der Solidarität hat in der ersten Phase des Lockdowns die Kulturbetriebe erfasst. Allen voran die Buchhandlungen erhielten fast vom ersten Augenblick an zahlreiche Onlinebestellungen. Mit starker Stammkundschaft und gutem Onlineshop konnte man schnell vom Amazon-Lieferausfall profitieren. Die Leserinnen und Leser haben bemerkt, dass Amazon zwar als Krisengewinner dasteht, letztlich aber, wenn es hart auf hart kommt, uns Buchmenschen ohne Skrupel und ohne jede Vorwarnung im Stich lässt. Und wir alle haben bemerkt, dass die starke Performance des österreichischen Buchhandels diese Lücke zu schließen imstande ist.

Natürlich, mit der damit einhergehenden Umstellung der Arbeitsstrukturen und dem teilweise kaum bewältigbaren Aufwand arbeiteten viele am Rande der Leistungsfähigkeit. Aber das daraus entstandene Selbstbewusstsein ist weithin und immer noch spürbar.

In den Verlagen hat man mit Freude und Bewunderung auf diese Performance geblickt und unterstützt, wo es nur ging. Die unabhängigen österreichischen Verlage haben ihre Stärke besonders im stationären Buchhandel. Es wäre vermessen zu sagen, dass man auf Onlineplattformen, bei Bloggern oder in den Sozialen Netzen genauso präsent wäre wie die meist finanzstärkere deutsche Konkurrenz. Gerade an den Onlineshops mit ihren von den großen Verlagshäusern bezahlten algorithmisch befüllten Bestsellerwerbeplätzen hat sich dies einmal mehr gezeigt. Nichtsdestotrotz war die Befürchtung, ein ganzes Frühjahrsprogramm nur für die Auslieferungsregale produziert zu haben, letztlich unbegründet.

Mit den Autorinnen und Autoren, die nach langen Jahren der Arbeit in diesem Frühjahr ihre Bücher publizieren konnten und dann in den Wirren des Lockdowns nicht nur mit Veranstaltungsabsagen und den damit verbundenen Verdienstausfällen konfrontiert waren, sondern auch mit der bangen Frage, ob hinter all den Corona-Eilmeldungen und -Statistiken die Kulturberichterstattung und somit auch die Aufmerksamkeit für ihre Bücher nicht komplett untergehen würde, mit ihnen konnte man das größte Mitgefühl haben. Denn gerade die unmittelbare Resonanz – nicht nur die der Verkaufszahlen oder des Presseechos, sondern diejenige bei den Lesungen und Abendveranstaltungen mit Publikum – ist für den Start des frisch ins Dasein geworfenen Buches überaus bedeutsam.

Auch hier zeigte sich eine bemerkenswerte Solidarität und ein Zusammenhalt, den viele auf diese Weise lange nicht mehr gespürt haben: Die Literaturhäuser und -institutionen veranstalteten Onlinelesungen und zahlten dafür gute Honorare, die Verwertungsgesellschaft Literar Mechana richtete Sonderfonds für Autor/innen und Verlage ein und leistete in umwerfender Schnelligkeit unbürokratisch Hilfestellungen und Verdienstausfallszahlungen. Hauptverband und Wirtschaftskammer veröffentlichten Link-Sammlungen zu Buchhandlungen mit Versand- bzw. Lieferangeboten und schafften so einen wertvollen Überblick für Leserinnen und Leser. Die Kulturstaatssekretärin sagte den österreichischen Verlagen eine Erhöhung der Fördermittel von 2,2 auf 3 Mio. Euro zu, von der allerdings leider nur die Verlage profitierten, die ohnehin schon Verlagsförderung erhalten.

Alles in allem aber war und ist von vielen Seiten großes Engagement und ein Bewusstsein für die Situation der Buchbranche zu erkennen, und mit viel Leidenschaft und Herzblut sind wir alle ein Stück weit zusammengewachsen, die Leserinnen und Leser mit den Buchhandlungen, die Buchhandlungen mit den Verlagen, die Verlage mit der Kulturpolitik, die Autorinnen und Autoren untereinander und mit den Literaturinstitutionen. Und dieses Zusammenrücken wird so schnell nicht vergessen sein, wenn man in den nächsten Jahren wieder konstruktiv debattiert. Gemeinsam haben wir uns in diesem Jahr durchgekämpft.

Und jetzt freuen wir uns darüber, dass in diesen schweren Zeiten wieder deutlich mehr gelesen wird. Schenken Sie Ihren Lieben zu Weihnachten ein gutes Buch!

Dieser Text erschien zuerst in Buchkultur Österreich Spezial 2020: