Mitreißender Debütroman um eine deutsche Familie zwischen Süddeutschland und Kasachstan
Ehe man sich versieht, steht man schon mitten in der Geschichte: Da ist der geschickte und attraktive Flößer, der im Bayern der Mitte des 19. Jahrhunderts Frauen und Flüsse bezwingt, dabei immer klug vorgeht, bis ihn die Liebe zu einer Frau ereilt, die ebenso beständig ist wie seine Liebe zum Wasser und zur Freiheit. Dann sind da noch der Soldat Henning in Berlin, die Abenteurerin und Tierliebhaberin Viktoria in Kasachstan und Afrika sowie die ukrainische Studentin Daniila, deren Lebensgeschichten einen Bogen spannen von den 1860er Jahren bis in die unmittelbare Gegenwart. Erzählt wird episodenhaft in vier Handlungssträngen, die
Blitzlichter auf schier unglaubliche Lebensgeschichten werfen, alle miteinander verwoben und sich am Ende wie ein großes Puzzle zusammenfügend.
Geschickt konstruiert, dicht und wortkräftig ist der gemeinsame Roman der jungen Schriftstellerin Daniila Beser, Jahrgang 1995, und von Richard Mackenrodt, und doch zeichnet er reale, mit Akribie und Glück recherchierte Ereignisse und Personen nach. Seine vier Protagonist/innen sind nicht bereit, sich zu unterwerfen, wo sie an Grenzen der persönlichen Freiheit und Menschenverachtung gelangen. Als Ukrainerin in eine krimdeutsche Familie hineingeboren, erlebt Beser die Besetzung ihrer Heimat durch die Russen, leistet Widerstand, flüchtet und erfährt, wie weit familiäre und sprachliche Wurzeln und Ähnlichkeiten reichen.
Eindringlicher und bewegender Roman, den man, einmal zu lesen begonnen, kaum aus der Hand zu legen vermag.
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Daniila Beser, Richard Mackenrodt
Sonnenvögel
S. Marix, 464 S.