Alles über die Superheroine: Jill Lepore erzählt die Biografie der Comic-Figur.
„Wonder Woman“, so heißt das populäre Werk von William Moulton Marston, Doktor der Psychologie und Comic Book-Autor, der 2006 in die Comic Book Hall of Fame aufgenommen wurde: Im Grunde müsste es starren vor darauf geklebten „Über 18“-Aufklebern. Marston (1893–1947) erfand den Lügendetektor, anfangs ein finanzieller Fehlschlag. Er war, wie eine englische Zeitung es ausdrückte, andererseits ein „gutaussehender, nichtsnutziger, lüsterner Hausierer“ und verschwieg souverän eine lange, erotisch mehr als grenzwertige (Bondage! Sexorgien!), skandalös polyamore Dreierbeziehung, seine zwei von ihm unterjochten Partnerinnen, die nach seinem Tod zusammenblieben, überlebten ihn um 43 respektive 46 Jahre.
1941, drei Jahre nach „Superman“, dem ersten Superhelden – und wie fast alle anderen auch von jüdischen Amerikanern erfunden –, schuf Marston den Comic „Wonder Woman“. 1937 hatte er in einer Pressekonferenz verkündet, dass eines Tages Frauen die Welt regieren würden – friedlicher, als Männer das je getan hätten.
Die Harvard-Historikerin Jill Lepore leuchtet detailreich, süffig, souverän, kundig und sehr gut geschrieben Hintergrund und Psyche ihres Schöpfers, (Proto-)Feminismus und Ikonenstatus Wonderwomans aus. Nach Marstons Tod – und das zeigt Lepore auch auf – machten sich Marstons Verleger daran, die Amazonin gesellschaftlich einzubremsen und sukzessive zu verändern, sie wurde Ratgeberin in Sache Liebe und hütete Babys. Zuletzt brachte ausgerechnet Zack („300“) Snyder Wonder Woman auf die Leinwand.
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Jill Lepore
Die geheime Geschichte von Wonder Woman
Ü: Werner Roller
C.H.Beck, 552 S.