»Der Schlaf ist doch die köstlichste Erfindung!«, meinte Heinrich Heine. Ein reich bebilderter Atlas des Schlafens widmet sich diesem Thema und führt uns bis in die Schlafzimmer fremder Kulturen. Foto: Ron Lach.


Ich kenne in meinem Umfeld einige Menschen, die über Schlafprobleme klagen. Sie stehen nicht alleine da, denn 25 Prozent der Deutschen leiden darunter und das liegt sogar noch deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt, der beträgt nämlich beachtliche 37 Prozent. Es handelt sich also um ein weit verbreitetes Problem und so habe ich mit besonderem Interesse den »Atlas des Schlafens« erwartet: opulent aufbereitet mit Fotos, wie es dies noch nie in einem Buch über den Schlaf gegeben hat und angekündigt als »Weltreise, die das alltägliche Phänomen Schlaf von einer ganz neuen Seite betrachtet«. Wird das also eine Empfehlung für meine leidgeplagten Freunde? Ein Blick in das Buch: Zum Einstieg gibt es grundlegende Informationen, hier werden etwa Fakten zu relevanten Hormonen, über die wichtigen Funktionen des Schlafes, die unterschiedlichen Phasen bis hin zu unseren Träumen prägnant erklärt. Danach geht es in die weite Welt: Wie und wo schlafen Menschen in anderen Ländern, wie schlief man früher, wie schlafen Tiere? Ein Streifzug durch die Kulturgeschichte mit Erzählungen, Anekdoten und Tatsachenberichten, hier ein paar Auszüge:

> Das 20. Jahrhundert bildet einen Höhepunkt in der Erforschung des Schlafes. Führend waren Wissenschaftler aus den USA, denen es in Zeiten des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Krieges jedoch vorrangig um militärische Interessen und Erfahrungen für die Raumfahrt ging.

> Bei der Traumdeutung waren die indigenen Völker Nordamerikas ziemlich gut, ihre Ansätze legten Grundsteine für die heutige Traumforschung. Dazu hat beispielsweise eine Arbeitsgruppe um Clara Hill (USA) in vielen Studien gezeigt, dass, wer sich mit seinen eigenen Träumen auseinandersetzt, viel über sich und den eigenen Umgang mit der Welt lernen kann.

> In China ist täglich eine Stunde Mittagsschlaf gesetzlich garantiert und so trifft man in der Mittagszeit überall auf dösende oder schlafende Menschen. In unserer Leistungsgesellschaft wird der Schlaf in keine so positive Ecke gedrängt: Er sei etwas für die Schwachen, zu viel davon gilt als Faulheit.

> Das Powernapping schwappte erst im 20. Jahrhundert aus Japan nach Europa und Amerika. Gleichzeitig kamen Schlafmittel auf, Nachtcremen wurden entwickelt, der Schlaf wurde zum wirtschaftlichen Faktor, die neuesten Erfindungen sind Schlafroboter, smarte Schlafmasken und erdbebensichere Betten. Mittlerweile ist das kurze Schläfchen zwischendurch vor allem in den USA etabliert, bei Google gehört es bereits zur Unternehmenskultur, für Angestellte gibt es extra Ruheräume, sogenannte »Shhh zones«.

> Studien belegen, dass Powernapping die Leistungsfähigkeit um bis zu 35 Prozent steigern kann, ein Mittagsschläfchen das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung reduziert und die Lebenserwartung steigert. Dagegen ist nachgewiesen, dass Menschen, denen es an Schlaf mangelt, als weniger schön wahrgenommen werden: In einem wissenschaftlichen Experiment wurden unausgeschlafene Probanden als minder attraktiv und sympathisch eingestuft und als weniger gesund beurteilt.

Um besser einschlafen zu können, hilft nachgewiesenermaßen ein gutes Buch: Wir konzentrieren uns auf den Text und unterbrechen Gedankenkarusselle, die uns stressen. Durch das Lesen entwickeln wir ein Schlafritual, das uns leichter einschlafen lässt. Foto: Karolina Grabowska.

Es ist kurzweilig, durch die bunten Häppchen zu blättern, auch wenn der letzte Teil des Buches gar breit zusammengewürfelt ist – da begegnen uns selbst Dracula und andere Monster. Insgesamt gelingt es aber dennoch, uns bewußt zu machen, wie wichtig guter Schlaf ist. Meinen Freunden, die mit Schlafproblemen kämpfen, werde ich jedoch nach wie vor Ratgeber von ausgewiesenen Schlafmediziner/innen ans Herz legen, eine kleine Auswahl habe ich hier für Sie zusammengestellt.


Ratgeber von Schlafmediziner/innen

Dr. Tatjana Crönlein
Schlafen können. Ein verhaltenstherapeutischer Ratgeber
Beltz, 188 S.

Die Psychotherapeutin am Schlaflabor der Uni Regensburg bietet Hilfe auch mit Online-Material.

Dr. Michael Feld
Dr. Felds große Schlafschule. Endlich wieder durchschlafen und erholt aufwachen
GU, 192 S.

Ein 8-Wochen-Programm vom Kölner Schlafmediziner, mit Selbsttests und einer gesamtheitlichen Betrachtung.

Dr. Hans-Günther Weeß
Schlaf wirkt Wunder. Alles über das wichtigste Drittel unseres Lebens
Droemer, 336 S.

Nach mehreren Fachpublikationen richtet sich der Pfälzer Schlafforscher ans breite Publikum.

Dr. Matthew Walker
Das große Buch vom Schlaf. Die enorme Bedeutung des Schlafs
Goldmann, 480 S.

Mit Forschungsergebnissen vom Direktor des Schlaflabors der UC Berkeley.

Atlas des Schlafens. Inspirierende Einblicke rund um die Welt
Kunth, 304 S.