Vom 12. bis 16. November feiert die österreichische Hauptstadt wieder das größte Lesefest des Landes. Foto: Nicola Montfort
Im 17. Jahr ihres Bestehens wird es auf der BUCH WIEN heuer wieder Vieles zu lesen und zu erleben geben. Im Zentrum der Veranstaltung stehen zahlreiche Bühnengespräche mit bekannten Schriftsteller/innen aus dem deutschsprachigen und internationalen Raum – oder solchen, die hier noch entdeckt werden können. Und über die schöne Literatur hinaus ist die ganze Welt der Bücher vielfältig repräsentiert. Diese Messe, die 2025 das erste Mal in zwei Hallen stattfindet, ist zudem nämlich ein Festival des Wissens, da zahlreiche Sachbuchneuerscheinungen in Form von spannenden Diskussionen vorgestellt werden. In diesem Jahr geschieht das etwa im Rahmen eines großen Feminismus-Schwerpunkts am Donnerstag. Auch hier richtet sich der Fokus zusätzlich auf das aufstrebende Buchmarktsegment Young Adult: Zusätzlich zur großen Erweiterung des Messeangebots in dieser Hinsicht im vergangenen Jahr wird dieses Publikum jetzt ebenso in den Diskussionen und Publikumsgesprächen stärker angesprochen. Zur Einstimmung hat BUCHKULTUR hier einige Messe-Highlights versammelt, auf die sich unsere Redaktion besonders freut:

Gustavo Faverón Patriau
Gustavo Faverón Patriaus »Unten leben« (Droschl) ist wie ein Labyrinth: Wer eintritt, lässt Chronologie und Gewissheiten zurück. Faverón, selbst Literaturwissenschaftler (Bowdoin College, Maine) gestaltet seinen Roman wie ein Palimpsest: Referenzen, Verweise, Doppelungen. Man entdeckt Roberto Bolaño und Jorge Luis Borges, aber auch Edgar Allan Poe in den Worten. Sein Stil ist nie manieriert – Präzision und erzählerische Wucht sind vorrangig. Der Roman fordert, will geduldig und aufmerksam gelesen werden. Doch wer sich auf den Abstieg einlässt, findet in den dunklen Verliesen Echos der Geschichte – die bis in die Gegenwart nachhallen. (Erkan Osmanović in BUCHKULTUR 221)

Milena Michiko Flašar
Milena Michiko Flašar spielt in »Der Hase im Mond« (Wagenbach) mit Mythen, die Hintergründiges in den Vordergrund bringen. Nach der Lektüre ist man geneigt, einen gewissen Bogen um Personen mit spitzen Zähnen zu machen: Vampirmythen gibt es sowohl in Europa als auch in Japan. Zumindest aber sind Figuren, die nicht ganz zu den Lebenden gehören, im Spiel. Auch Themen wie »Hikikomori«, ein japanischer Begriff für Menschen, die sich weitgehend von der Gesellschaft in ihrer Wohnung zurückziehen, begegnen uns. Man kann Flašars Kurzgeschichten somit als Parabeln auf Schein und Sein der Gesellschaft lesen. (Magdalena Pichler in BUCHKULTUR 221)

Catherine Meurisse
Catherine Meurisse wirft in »Allzumenschliches« (Carlsen) einen satirischen Blick auf westliche Klassiker. Die französische Künstlerin, vormals Zeichnerin bei der Zeitschrift »Charlie Hebdo«, verbindet höchst unterhaltsam erzählerische Perspektiven und karikaturhaften Zeichenstil, um Philosophie und Literatur einer feministischen Neulektüre zu unterziehen: In kurzen Episoden inszeniert Meurisse Begegnungen zwischen großen Namen des westlichen Kanons mit einer anonymen Protagonistin, die, ausgestattet mit modernem Selbstbewusstsein die jeweiligen Gesprächspartner wie z. B. einen schwätzenden Descartes humorvoll übertrumpft. (Thomas Ballhausen in Buchkultur 214)

Takis Würger
Im neuen Buch »Für Polina« (Diogenes) geht Starjournalist Takis Würger seiner Leidenschaft für Musik nach und setzt nebenbei Glenn Gould ein Denkmal. Hannes weint nie, ist sich selbst genug. Ganz anders Polina, mit der er aufwächst. Anfangs der Teenagerzeit keimt so etwas wie Liebe auf. Takis Würger schreibt schöne Bilder: Mit dem Tod der Mutter kann Hannes nicht mehr Klavier spielen, er hört auf zu wachsen, komponiert nur mehr im Inneren und wird Klavierträger. Vor allem aber punktet Würger mit seinen Frauenfiguren, selbst wenn sie nicht durchgehend auftreten, er belässt ihnen Brüche und Widersprüche. (Maria Leitner in BUCHKULTUR 219)

V. V. Ganeshananthan
Die großangelegte Erzählung und fiktive Autobiografie »Der brennende Garten« (Tropen) von V. V. Ganeshananthan umfasst die Zeit des sri-lankischen Bürgerkriegs von 1982 bis 2009 und erzählt nicht nur eine persönliche Geschichte, sondern auch einen Teil der Geschichte eines Volkes sowie eines Landes. Sie taucht tief ein in Kämpfe und Krieg, sie beschreibt die persönliche Zerrissenheit, die Gespaltenheit und bis zu einem gewissen Grad auch Naivität ihrer Protagonistin und Ich-Erzählerin, die sich schließlich in eine starke Frau wandelt. Außerdem führt sie schonungslos vor Augen, was Gewalt und Radikalismus mit Menschen, Familien und Ländern machen. (Karoline Pilcz in BUCHKULTUR 222)

Sylvain Tesson
Stille umgibt Sylvain Tesson, als er durch die Alpen klettert. Konturloses »Weiß« (Rowohlt) wird zum Synonym für Religion ohne Gestalt. Analog reglementiert eine Liturgie streng den Rhythmus: Früh aufstehen, tagsüber wandern und abends, beim heißen Tee, die vor Kälte starrenden Körpermoleküle wieder aktivieren. Erlebt hat der Reiseschriftsteller den Schnee als eine über die Erde gespannte Haut des Himmels. Diese Selbstreflexion nimmt den Schrecken vor einer Tour de force durch den Schnee und verwandelt sich vielleicht zur Courage, Ähnliches selbst zu erproben. (Hans-Dieter Grünefeld in BUCHKULTUR 211)
Autor/innen-Fotos von oben nach unten: Carolyn Wolfenzon, Helmut Wimmer, Editions Dargaud – Rita Scaglia, Sophia-Mayrhofer, Peter Rigaud, Francesca Mantovani
Buchkultur präsentiert:
BUCH WIEN Messe und Festival
Vom 12. bis zum 16. November Halle D, Messe Wien
Tickets sind hier erhältlich:
buchwien.at
