Deutsche Provinz in den 1970er Jahren mit einer starken, dreizehnjährigen Erzählerin. Foto: privat
Die Sprache der dreizehnjährigen Ich-Erzählerin ist knapp und poetisch, jedes Wort, jede Silbe sitzt: Die schlacksige Tilda, auch »Randnixe« genannt, wächst in einer Arbeitersiedlung irgendwo in Westdeutschland auf. Es sind die 1970er Jahre, eine Zeit, als man noch Zeit hatte und sich die Welt scheinbar langsamer drehte als heute. Tilda ist viel alleine draußen, durchstreift Gärten, Straßen und Wiesen, lebt in ihrer eigenen Welt, schreibt Notizbücher voll und unterhält sich am liebsten mit ihrem Fantasiefreund Huckleberry Finn. Ihrer Mutter, die beschlossen hat, das Haus nicht mehr zu verlassen, aber scharfzüngig über allem wacht, berichtet sie täglich vom Leben draußen. Es ist eine arme Welt, es gibt nicht viel, außer ein paar Bücher, klapprige Fahrräder und Geheimnisse. Das Leben geht seinen Lauf, bis ein junger Fremder erscheint, der kommunistische Parolen schwingt und auch sonst einiges durcheinanderwirbelt. Als Tildas Onkel Sigi, der bei ihr und ihrer Mutter lebt, des Mordes verdächtigt wird, macht Tilda eine Aussage.
Tilda lebt in einer Welt zwischen Realität und Fantasie, sie weiß noch nicht recht, wohin sie gehört und wie die Welt funktioniert. Ada Badey, selbst in einer Arbeitersiedlung im Ruhrgebiet aufgewachsen und als Autorin, Schauspielerin, Sängerin, Coach und Trauerrednerin tätig, vermag mit wenigen Strichen eine ganze Welt zu zeichnen, eine Welt, die zwischen grau und bunt wechselt, viele Leerstellen hat und von tragikomischen, liebenswerten und schrulligen Typen bewohnt wird. Man liebt Tilda von der ersten bis zur letzten Seite. Höchste Lesefreude!
—
Ada Badey
Gossenwalzer
S. Marix, 192 S.