18. Oktober 2019.

Also mich freuts’s ungemein, dass der …
Was freut Sie daran? Daß einer einem solchen Preis derart schadet?
Was heißt schadet! Das hat den Preis, nach der vorjährigen ekligen Geschichte um ein überaltertes, im Geheimen sitzendes Gremium, das Durchstechereien und Mauscheleien und Schlimmeres unterdrückte und im engen Konklave seine Entscheidungen schmiedete, nur wieder ins rechte Licht gerückt. Und zwar gleich mit zwei Autoren, einer polnischen (welch Gewinn!) und einem deutschsprachigen. Und über den hab ich mich wirklich gefreut. Einer mit über 90 Publikationen, Stücken, Auftritten. Und ein Spracherneuerer der besonderen Art. Angefangen mit den „Hornissen“ und der „Publikumsbeschimpfung“. Wann war das denn? 1966. Letzteres war natürlich ein starkes Stück im wahrsten Sinn des Wortes. Was Frisches auch, von einem jungen Mann, der den überalterten Zirkel der Gruppe 47 ordentlich aufmischte.

Und von da an ging es kontinuierlich weiter. Aufwärts, muß ich schon sagen. Über „Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt“ zur „Angst des Tormanns beim Elfmeter“. Mit diversen weiteren Veröffentlichungen. Alle aufzuzählen, wär’ verlorene Liebesmüh’. Es geht noch weiter. Und es wird sprachlich, nun: nicht interessanter, sondern dichter. Ein Dichter eben. Beispiele gibt es nun am laufenden Band, etwa „Wunschloses Unglück“ oder „Die linkshändige Frau“. Dann „Über die Dörfer“, „Nachmittag eines Schriftstellers“, und es wird noch dichter, die „Drei Versuche“. Oder das etwas leisere „Ein Wortland“, jene Reise durch Kärnten, Slowenien, Friaul, Istrien und Dalmatien mit der bedeutenden Fotokünstlerin Liesl Ponger. Langsam aber sicher wird er zu einem Wort-, einem Spracherneuerer der ersten Art. Das ist es, was diesen Autor ausmacht. Und dass er sich in einem Vierteljahrhundert „in radikalen Selbstbefragungen mehrfach revidiert, während die Vorwürfe auf dem Stand von 1996 verharren“, wie Sigrid Löffler in der Wiener Stadtzeitung „Falter“ feststellt. Dazu empfehle ich „Die morawische Nacht“, wo uns der Autor in kritischer, ja rücksichtsloser Selbstbefragung begegnet, eine Erzählung, 2008 erschienen. Da hätten die Anwürfe aufhören können, je nun. Wer nicht liest, weiß wenig. Jedenfalls der Autor schreitet weiter, unbeirrt seine literarische Vorstellung von der Welt, seiner und unserer, aufzuschreiben. Beschäftigt sich viel mit seiner Herkunft, Kärntner Slowene. 2010 im großen Epos „Immer noch Sturm“, wo er das Poetische und das Historische verknüpft. Und hört nicht auf zu schreiben! Bis vorvergangenes Jahr, 2017, als sein neuestes Werk erscheint, „Die Obstdiebin“. Mit dem trefflichen Untertitel „Einfache Fahrt ins Landesinnere“. Wieder ein solch schöner poetischer Text mit starkem Hintergrund, mit den Hauptthemen des Autors, seiner Welt und der Sicht darauf. Es geht also um die formale und inhaltliche Arbeit, es geht um die Imagination und den Gebrauch der Sprache; dafür wird er geliebt, sagt beispielsweise Fiammetta Rocco, Redakteurin des „Economist“ und die maßgebliche Administratorin des Booker International Prize. Lassen wir es dabei bewenden; und stattdessen eine weitere Empfehlung: Man lese aufmerksam das Buch „Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina“, das bereits 1996 erschienen ist. Vor allem all jenen empfohlen, die es nicht gelesen haben und trotzdem meinen, sie könnten darüber urteilen. Weniger über das ungelesene Buch als vielmehr über die Äußerlichkeiten eines Autors. Wohl bekomm’s!


Foto: (c) imago/Agencia EFE (CESAR CABRERA)