„Das Buch ist wie der Löffel, der Hammer, das Rad oder die Schere: Sind diese Dinge erst einmal erfunden, lässt sich Besseres nicht mehr machen“, brachte Umberto Eco vor rund zehn Jahren seine Liebe zum Buch unmissverständlich eindringlich zum Ausdruck, als der französische Schriftsteller Jean-Claude Carrière ihn anlässlich eines gemeinsamen Buchprojekts um seine Meinung hinsichtlich des Fortlebens des Mediums Buch bat. Und tatsächlich, man gewinnt ein wenig den (subjektiven) Eindruck, dass das Buch vor einem Jahrzehnt beinahe mit eifrigerer Vehemenz totgesagt wurde, als dies heute der Fall scheint, und das trotz geschätztem Umsatzrückgang im deutschen Buchhandel von sechs Prozent (2009-2017). Und richtet man den Blick auch auf weitere Statistikauswertungen, wie zum Beispiel jene, die die Buchkäuferinnen und Buchkäufer in Deutschland ins Visier nehmen, verkünden diese alles andere als buchfreundliche Nachrichten: In den Jahren 2012 bis 2017 hat sich ihre Zahl um drastische 20 Prozent auf 29,6 Millionen verringert – 2017 kauften also noch 35 Prozent der Deutschen Bücher, während 53 Prozent von 1024 befragten Österreicherinnen und Österreichern 2018 angaben, in den letzten zwölf Monaten mindestens ein Buch gekauft zu haben.

„Manchmal bedeutet das Leben und Arbeiten mit Büchern für mich etwas, das an eine seltsame Ruhe auf hoher See erinnern möchte.“


Eine berufsbedingte Auseinandersetzung mit diesen statistisch erfassten Branchenkennzahlen, die einen fortwährenden Rückgang des allgemeinen Interesses an Büchern verlautbaren – und hier geht es um nichts Geringeres als die gesellschaftliche Wahrnehmung des Mediums Buch – wirken naturgemäß auch auf die persönliche Wahrnehmung eher negativ ein. Rücken wir also den oben erwähnten subjektiven Eindruck noch einmal ins Licht des Leuchtturms, um noch ans Ufer des Optimismus zurückrudern zu können – wenn auch ein wenig wellengepeitscht: Eine Überlebensstrategie, die man sich als „Büchermensch“ zurechtlegt, besteht unter anderem wohl auch darin, sich dem vorherrschenden Branchenpessimismus als (post)moderne Lebensadaption des gegen Windmühlen kämpfenden Don Quijote zu nähern, um den negativen Fakten auch ein paar positive entgegenzuhalten. Und so ganz schlecht ist es um die Bücher dann auch nicht bestellt – und um die Welt, die sie erschafft, denn während uns das Buch seit nahezu sechs Jahrhunderten in dieser Form Geschichte/n erzählt, besticht ein Konkurrenzmodell Netflix bereits 22 Jahre nach seiner Gründung nicht mehr mit sonderlich bemerkenswertem Einfallsreichtum. Die teilweise positiven Aspekte der Digitalisierung, Medienkonvergenz oder Intermedialität werden das Buch als Medium verändern, seine Text- oder Bildträgereigenschaft aber nicht vollends verdrängen – auch wenn Buchgestaltung, Textbeschaffenheit oder Umgang mit Autorschaft zum Teil vielleicht neu gedacht werden müssen.
Manchmal bedeutet das Leben und Arbeiten mit Büchern für mich etwas, das an eine seltsame Ruhe auf hoher See erinnern möchte – für viele Millionen andere Leserinnen und Leser wird es vielleicht nicht anders sein.

Evelyn Bubich hat u. a. Vergleichende Literaturwissenschaft studiert und ist im Verlagswesen, im Lektorat und in der Öffentlichkeitsarbeit tätig.